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Bilder aus der norddeutschen Tiefebene.
sinkenden Boden bedeutend erschwert. Daher richtete man notdürftige
Hütten aus allerlei Material, anch ans Torf her. Dazu kam die erste
Sorge um das tägliche Brot, die vermehrt wurde durch die Unkenntnis
mit den neuen Verhältnissen. Viele oerließen die ihnen übergebene
Stätte, um wieder anderswo in Dienst zu treteu. Allmählich aber
wurde man mit den Verhältnissen vertraut, man lernte das Moor ab-
brennen, Torf stechen uud söhnte sich mit der Lebensweise ans. Von
den Ansiedlern wuchs ein neues Geschlecht groß, das anderswo die
Kolonisation fortsetzte. Die schwierigste Unternehmung blieb immer die
Herstelluug guter Wege für Wagen und Schiffe. Es bedurfte einer
fortwährenden Anfuhr vou Steinen und Sand, 11m die Landwege all¬
mählich festzumachen. Noch mehr kosteten die Schiffahrtsgräbeu und
Kanäle, denn ohne den Verkauf uud Versand des Torfes wäre die Er-
Haltung der Kolonisten unmöglich geworden. Bremen war der nächste
Markt. Daher entstanden im Laufe der Jahre neben den Gräben
Kanäle, welche mit großen Kosten gebaut wurden, so die Wörpefahrt,
die Semkenfahrt, die Umbecksfahrt und andere. Die Kanäle entwäfferten
zugleich das Land; dadurch, daß die Schiffsgräben sich bis an die Geest
verlängerten, erhielten sie zugleich genügendes Quellwasser, um die
Gräben zu füllen. Um den Wasserstand in gleicher Höhe zu erhalten,
wurden anfänglich „Schütte" angelegt, welche später durch die vom
Moorkommissär Witte erfundenen Klappstaue ersetzt wurdeu. Diese sind
so eingerichtet, daß sie durch das kommende Schiff niedergedrückt werden
und sich nachher von selbst wieder aufrichten. Man würde aber irren,
wenn man annähme, daß die von der Regierung und deren Beamten
vorgeschlagenen Verbesseruugeu der bisherigen Zustände von den
Kolonisten gern und leicht augeuommeu worden seien. Diese erhoben
vielmehr regelrecht gegen jede Neuerung, z. B. die Klappstaue uud die
Abschaffung der Überzüge (die Schiffe mußten an einzelnen Stellen über
die Deiche gezogen werden), Einspruch, es bedurfte langwieriger Ver-
handluugen, und nicht selten mnßte das Bessere erzwungen werden.
Jetzt kann jedoch der größte Teil des Moores als kolonisiert be-
trachtet werden, nur die Ränder, welche den benachbarten Geestgemeinden
gehören, harreu uoch der Besiedelung. Die vorhandenen 69 Moor-
kolomen haben sich aber in einer äußerst günstigen Weise entwickelt.
Wer heute auf den festen Wegen durch die Kolonien führt, wird seine
Bewuuderuug über das Aufblühen derselben nicht zurückhalten können.
Hering und Menke,
4. Heidelandschaft.
1. Charakter der Heide. — 2. Die Lüneburger Heide.
1.
Außer dem Moore treten in der norddeutschen Tiefebene größere
oder kleinere Strecken meist sandigen Bodens hervor, auf denen eine