Full text: Entdeckungen und geographisch bedeutsame Unternehmungen nach Auffindung der Neuen Welt bis zur Gegenwart (Bd. 2)

38 Die Eroberung von Sibirien durch die Kosaken. 
dehnte ihre Handelsbeziehungen, in Vinetas Fnßstapsen tretend, auch nach 
dem slawischen Osten aus, wo sie namentlich mit Nowgorod am Jlmensee 
in Verkehr trat. 
Von Bulgaren gedrängt, waren Slawen im 6. Jahrhundert bis an 
den Wolchow hinausgezogen, wo sie Nowgorod-Weliki, d. h. Großneustadt 
oder, wie die hanseatischenKausleute sagten, „Naugarten" anlegten. Allein 
hier trafen sie auf die skandinavischen Waräger oder Wäringer — so 
hießen die normannischen Krieger, die über die Ostsee von Schweden her- 
kamen — welche bald ihre Unterdrücker wurden. 
Diese, ein stolzes, kühnes, rauf- und raublustiges Volk, unterjochten 
die umwohnenden finnischen und slawischen Völker weit und breit; im 
9. Jahrhundert bemächtigten sie sich der heutigen Gegenden von Reval, 
Petersburg und Olonez. Im Jahre 862 zogen diese Waräger unter ihrem 
Fürsten Rurik und dessen Brüdern Sineus und Truwer in die slawische 
Republik Nowgorod ein. Obgleich die Slawen sie wieder vertrieben, so 
gerieten diese doch in Krieg untereinander und riefen daher die kriegs- 
tüchtigen Normänner vom Stamme Ruß in ihr Land, damit diese über sie 
herrschen und Ordnung einführen möchten. Rurik vereinigte nach dem 
Tode seiner Bruder deren Gebiete mit dem seinigen und legte dadurch den 
Grund zu dem Staate, der unter dem Namen des '„russischen" später zu 
so großer Ausdehnung gelangte. Derselbe verlor jedoch, da die Bewohner 
in ihrer Mehrheit Slawen waren, bald seinen germanischen Charakter, und 
slawische Sitte und Sprache erhielten die Oberhand; der Name „Russen" 
hat sich jedoch erhalten und ist allmählich auch auf die slawische Bevölke- 
rung übergegangen. Eine Glanzzeit kam für Nowgorod, als dort die Hansa 
ihre Niederlassungen und Kaushöfe errichtete, von denen wir zuerst um 
1226 sichere Nachrichten besitzen. Nowgorod wurde ein Stapelort des West- 
östlichen Handels, nahm zu an Bewohnern uud konnte stolz von sich aus- 
rufen: „Wer kann wider Gott und Groß-Nowgorod!" Zu derselben 
Zeit schloß die Hansa auf Gotland mit Abgeordneten des russischen Fürsten 
von Smolensk einen Vertrag über die Beilegung von Streitigkeiten ab, und 
viele deutsche Kaufleute, selbst aus den westfälischen Binnenstädten, zogen 
in eigner Person nach dem nordwestlichen Rußland, da sie es in jener 
Periode noch nicht wagen durften, ihre Waren Fremden anzuvertrauen. 
Mit Rostocker, Danziger, Greifswalder und andrer Ostseestädte Schiffen 
reisten Soester, Dortmunder und Brannschweiger Kaufleute nach Nowgorod 
uud weit ins Innere nach dem Fürstentum Smolensk, dessen gleichnamige 
Hauptstadt, welche mittels des Dnjeprs mit Kiew und dem Schwarzen 
Meere verkehreu konnte, die Vermittlerin des Handels zwischen den Ostsee- 
ländern und den Anwohnern des Schwarzen Meeres wurde. Auf folcheu 
Wegen gelangten westfälische uud niedersächsische Fabrikate, Wollenwaren, 
Leinwand, Garn, Metallarbeiten, Bier und Rheinweine nach Rußland, 
wofür dieses Wachs, Felle, Leder, Pelzwerk, Talg — lauter wertvolle
	        
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