— 409 —
durch den schweren Schaden, den sie an den Getreidefeldern anrichten.
Der chilenische Landmann verwünscht die gefräßigen Kreischer nicht wenig
und fragt oft zornig, warum sie sich nicht mit der Nahrung begnügen,
die ihnen vor Einführung des Getreidebaues in diesen Gegenden geboten
war. Aber so viel er schimpft und so viele der Spitzbuben totgeschossen
werden — sie treiben ihr Wesen ungestört weiter.
Im chilenischen Walde hämmern zwei Arten von Spechten; zierliche
Rebhühnchen von verschiedenen Arten und in verschiedener Größe liefern,
ebenso wie die zahlreichen wilden Tauben, leckere Beute für die Küche.
Wenn wir an den Gewässern Chiles streifen, begegnen wir vielen inte-
ressanten Wasfervögeln. Da stelzen bedächtige Reiher, unter ihnen der
prächtige rosenrote Spatelreiher; neben ihnen lauert der Ibis auf Beute,
wandelt bedächtig ein auffallend großer Storch, schreit der Kibitz. Außer
Bekassinen und Schnepfen kann der Freund des edlen Weidwerks Wild-
gänfe und Enten erlegen. In Südchile findet sich eine Ente (der Cagne),
die gegen 30 Pfund schwer wird und mit den kurzen, starken Flügeln
nicht fliegen kann. Man jagt ihr mit einem fcharfgebanten Ruderboote
nach uud erlegt sie so. Andere Wasservögel finden wir einzeln oder paar-
weise, in Trupps oder großen Schwärmen an Bächen und Flüssen, an
Sümpfen und Küstenlagnnen, fo Strand- und Wasserläufer, Rallen, zier-
liche Rohr- und Wasserhühnchen und auch zwei herrliche Arten von Schwänen.
Die eine davon ist ganz weiß gefärbt und hat roten Schnabel und rote
Füße, die andere einen schwarzen Hals.
Sonst ist Chile arm an Wild, namentlich an Hirschen und Rehen.
Hoch droben in den Anden haust eiu geschätztes Jagdtier, das noch von
den Spaniern zum Lasttrageu benutzt ward: das dem Lama ähnliche Gnanaco.
Ein chilenischer Freund aus dem Lande macht uns wohl die Freude, eine
echt landesübliche Jagd auf diese starken Tiere, die etwa so groß wie unser
Edelhirsch werden, anzusehen. Zahlreiche Reiter aus der Nachbarschaft
treffen, von Hunden begleitet, am Morgen des Jagdtages auf der Hacieuda
ein. Anf beschwerlichem Wege geht es hinauf in die wilde Bergwelt, in
die Gegend, wo Hirten die Guanacos gespürt haben. Richtig, aus der
kleiueu Hochfläche, die rings von steilen Wänden und Bergen umschlossen
wird, weidet das starke Rudel auch heute wieder. Vorsichtig verteilen sich
die Jäger rundum; da der Boden mit scharsem, felsigem Gestein bedeckt
ist, sind den Hunden bereits die Ojotas, Schuhe aus Rindshaut, angezogen
worden, damit sie sich die Füße nicht allzusehr verletzen. Nun erschallt
der Jagdruf, die Meute hetzt auf das erschrockene Wild ein, in donnerndem,
halsbrechendem Fluge stieben die Reiter von allen Seiten vor und zer-
sprengen das Rudel. In ihr wildes Geschrei mischt sich das Gekläff der
Hunde, nnd in weiten Sätzen, die Köpfe zurückwerfend, versuchen die be-
drohten Tiere zu fliehen. Aber behend sind die Reiter hinter ihnen uud
brauchen ihre Lassos und Wurskugelu mit tödlicher Sicherheit. Dreizehn
Stück fallen den Jägern als Beute zu.
Auf unseren Jagdstreisereien treffen wir wohl auch einmal eine Wild¬