Full text: Bilder aus Amerika (Bd. 1)

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ziehungen an die öde nordsibirische Tundra erinnert. Eskimostämme Hausen 
aus beiden Seiten des Knskoquim-River wie an der ganzen Westküste 
von der Behringsstraße ab südwärts und wie am Südgestade des Terri- 
toriums. Wandern wir vom Kuskoqnim südwärts zum Jliamnafee! 
Dort, wo der noch thätige Vulkan Jliamna raucht, soll nach Aussagen 
der Eingeborenen ein Paradies für Jäger sein und, wie weiße Kausleute 
uns versichern, die Gegend zugleich eine Fülle landschaftlicher Schön- 
heiten bieten. 
In der That, wir wurden nicht getäuscht! Eine wilde Gebirgs- 
gegend voll kühner Felsbildungen umgiebt uns. Dort der tobende Vulkan, 
der seinem verhaltenen Groll in großartigen Ausbrüchen Luft macht; hier 
Grotten und Höhlen in allen Größen und von den verschiedensten Formen; 
überall rauschende Flüsse und Bäche, die prächtige Wasserfälle bilden. 
Und dazu eine Fülle des Tierlebens, wie wir sie nie zuvor erschauten. 
In den Flüssen wimmelt es von Lachsen und anderen köstlichen Fischen; 
der Bär streift in Menge nach Beute, Elentiere und Renntiere weiden 
in Rudeln und liefern treffliche Braten. Wen es gelüstet, der kann zu 
stets erfolgreicher Jagd auf das Meer hinausfahren, um den Seehund zu 
erlegen. Die Felsen sind an vielen Stellen mit unzählbaren Mövennestern 
bedeckt; daraus sitzen die brütenden Weibchen, während die Männchen in 
sausendem Fluge die Luft durchschneiden und einen solchen Lärm ver- 
Ursachen, daß wir uns nur mühsam miteinander verständigen können. Eine 
Wolke spektakelnder Vögel schwärmt beständig um den Nistplatz. Auch 
der Reiz des Pflanzenlebens fehlt der Gegend in der günstigen Jahres- 
zeit nicht. Die Gründe sind mit saftigem Grün bedeckt, worauf rote und 
blaue Blumen in Fülle leuchten. Tiefe, düstere Fichtenwälder, unterbrochen 
von Sümpfen, füllen weite Striche des einsamen, nur von eingeborenen 
Jägern durchstreiften Landes. 
Nach Osten wandernd, gelangen wir in das Gebiet eines etwa 
4000 Seelen zählenden Jndianerstammes, der Athabasken oder Tinneh, 
die nur an einer einzigen Stelle bis znr Küste vorgedrungen sind. Sie 
teilen sich in viele Stämme und gleichen ihren Brüdern im Britischen 
Nordamerika in verschiedenen Beziehungen vollkommen. Bald merken wir, 
daß die trotzigen Krieger den „Blaßgesichtern" wenig freundlich gesinnt 
und stets zum Kampfe gegen sie geneigt sind; die Russen können ein 
Liedlein von harten Kriegen mit diesen wilden Jägern singen. Wohl 
haben sie mancherlei nützliche Einrichtungen von den verhaßten Eindring- 
lingen angenommen; so bauen sie sich Holzhäuser mit festen Dächern. 
Daran gehängte kleinere gedielte Räume dienen im Winter als Schlaf- 
zimmer. In der kleinen Festung Nikolaus am Cooks-Sund wurde uns 
erzählt, die Tinneh seien Christen; hier in ihren Dörfern bemerken wir 
bald, daß es mit ihrem Christentum nicht weit her ist, daß sie noch von 
dem alten heidnischen Aberglauben beherrscht werden. Reiche Geschenke, 
die wir an die einflußreichsten Krieger gespendet haben, sichern uns keines- 
wegs vor Gefahr; an sinsteren Mienen nnd Blicken, an heimlichen Unter- 
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