Full text: Darstellender Anschauungsunterricht

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Mordes war. Da die Nachricht zum Heere kam, daß Artaban zur 
Rache mit großer Heeresmacht heranrücke, so wählten die Soldaten, 
nicht sowohl ans Wohlwollen und Vertrauen, als im Drange der Um¬ 
stände, den Gardepräfecten Macrinns zum Kaiser. Bald darauf 
erschienen die Parther und eine furchtbare Schlacht begann, die drei 
Tage dauerte. Am vierten Tage meldete Macrinns dem Feinde den 
Tod Caracalla's, worauf Artaban für 9 Mill. Thaler Frieden schloß 
und abzog. Macrinns begab sich nun nach Antiochien, wo er die 
Anerkennung des Senats empfing, aber in unthatiger Ruhe verweilte, 
sich der Ueppigkeit ergab, die Staatsgeschäfte vernachlässigte und die 
Soldaten gegen sich erbitterte, weil sie mitten im Frieden oft am 
Nothwendigsten Mangel litten, und im Lager fern von der Heimath 
ohne Zweck verweilen mußten, während ihr rühmloser Kaiser thatenlos 
schwelgte. Seinen Sohn Diadnmenus, einen liebenswürdigen Kna¬ 
ben, hatte er zum Cäsar mit dem beliebten Beinamen Antoninus er¬ 
nannt. Die unzufriedenen Soldaten im Lager bei Emesa, einer pho- 
nicischen Stadt, ließen sich daher leicht bewegen, den Schwesterenkel 
der Kaiserin Julia Domna, den die bejahrte Großmutter Julia Mäsa 
für einen heimlichen Sohn Caracalla's ausgab, Bassianus Helio- 
gabalus, zum Kaiser auszurnfen. Derselbe war noch ein Jüngling 
von vierzehn Jahren, durch Schönheit ausgezeichnet, aber schon Prie¬ 
ster des Sonnengottes, der in Phonicien Elagabal hieß. Als Priester 
hatte er den Namen seiner Gottheit angenommen, daher Elagaba- 
lus oder Heliogabalus genannt, denn Helios bezeichnet im 
Griechischen die Sonne. Die Soldaten nannten ihn aber als Kaiser 
Antoninus. Als Macrinus den Abfall der Legionen bei Emesa erfuhr, 
rüstete er sich zum Kampf, wurde aber, da viele seiner Truppen über¬ 
gingen , am 8. Juni 218 geschlagen und auf der Flucht bei Chalcedon 
in Bithynien zugleich mit seinem Sohne umgebracht, nachdem er vier¬ 
zehn Monate den Purpur getragen hatte. 
Unter allen Kaisern Roms, vielleicht von allen Fürsten der alten 
und neuen Zeit war Heliogabalus (M. Auielius Antoninus) der 
sittenloseste und ausschweifendste, dabei einer so unsinnigen Verschwen¬ 
dung und schaamlos den unnatürlichsten Wollüsten ergeben, wie keiner 
vor oder nach ihm. In Rom mußten der Senat und das Volk sich 
der Nothwendigkeit fügen, und die Wahl des Heeres bestätigen. Der 
junge Kaiser, von seiner Großmutter geleitet, brachte den Winter in 
Nikomedicn zu und kam im Frühjahr 219 nach Rom, wo er in pho- 
nicischem Priesteranzug, in einem mit Gold durchwirkten Purpur¬ 
mantel, geschmückt mit Halsbändern und Ketten, mit einem Kranze
	        
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