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Heimatkunde des Großherzogtums Hessen. Nr. 10.
die Tiefe gelangen lassen. Und immer weiterer Zufluß strömt den Quellen
von oben zu, denn der Vogelsberg zählt zu den niederschlagreichsten Gegen-
den Deutschlands. Die Niederschlagsmenge nimmt mit der höhe über dem
Meere und der Nähe steil aufstrebender Berge zu. Während sie für das
Forsthaus bei Echzell etwa 560 mm, für die Linie Uommelhausen-Salz-
Hausen 640 mm, für Büdingen 741 mm im Durchschnitt für ein Jahr aus-
macht, beträgt sie für die Weningser Gegend 900—1000 mm (für den
höchstgelegenen Grt Hessens, das Dorf Herchenhain im Vogelsberg — 649
Meter hoch gelegen — gar 1100 mm). Zahlreich sind daher die Büchleins)
welche im Kreise entstehen, oder aus dem hohen Vogelsberge kommend,
ihn durcheilen, um ihr !Vasser dem Main zuzuführen. Selbstverständlich
hängt damit auch die Tatsache zusammen, daß das Vorhandensein von wiese
und Weide immer mehr zunimmt, je höher die Gegend liegt. In den
tiefer gelegenen Teilen des Kreises fehlen die Bergwiesen ganz,
fruchtbares Ackerland tritt an ihre Stelle, während die Wiesen sich nur
in den Talsohlen ausbreiten. Und an den fischreichen wässerlein ziehen
sich auch die Ortschaften hin, bald langgestreckt, bald sich mehr ver-
breiternd, aber immer der umgebenden Landschaft sich anpassend. Wo der
Lauf der Bäche sich verlangsamt und die Ortschaften zu manchen Zeiten
der Überschwemmungsgefahr allzusehr ausgesetzt sind, da treten sie häufig
von den Bachesufern zurück und schmiegen sich an die Bergeshänge an.
Nur selten liegen die Grte auf Bergrücken. Mit Rücksicht auf den Wald-
reichtum des Kreises sind die Wohnstätten fast durchweg aus Holzfachwerk
aufgebaut, nur wo andere Baumaterialien zur Verfügung stehen, kommen
auch solche zur Verwendung, wie beispw. in Büdingen der Sandstein, in
Eckartshausen der Lungstein. Die fränkische Hofanlage ist überall die vor-
herrschende. Es bestecht also hier die hofreite nicht aus einem einzigen Ge-
bäude, sondern mehrere, drei oder vier, sind um einen Hof herum gruppiert'
das Wohnhaus steht für sich, von Stall und Scheune scharf getrennt. Gbst-
bäume aller Rrt umgeben die Dörfer, begleiten die Landstraßen und beleben
das Bild der betreffenden Gegend. 5lber auch sogenannte Wildbäume tragen
viel zur Verschönerung der Landschaften bei. In den Ortschaften, aus Fried-
Höfen und freien Plätzen finden sich herrliche Naturdenkmäler, Eichen, Lin-
den oder Kastanien, von denen man leider meistens den Grund ihrer 5ln-
Pflanzung nicht kennt: So die alte Eiche am Fußpfad zwischen Michelnau
und Fauerbach sowie die in der Nähe des Tunnels bei Büdingen,' die alten
Dorflinden in Blofeld, in Nohrbach und höchst a. d. N., die an der Kirche
zu Usenborn und auf dem Friedhofe zu Lindheim, die hohe Linde zwischen
*) Gib die Bäche, welche den iireis durchfließen, nach der Karte an! Suche
ihre (Quelle, ihre Mündung auf!