Heimatkunde des Großherzogtums Hessen. Nr. Ig.
Käse verarbeiten oder als Vollmilch in die Städte Frankfurt, Offenbach und
Hanau versenden. Diese Städte kommen auch als Absatzgebiete für die übri-
gen Erzeugnisse der Viehzucht (Fleisch, Eier, Honig) in Betracht, ebenso sind
sie für den Gbstmarkt von großer Bedeutung. Zwar war die Zahl der
ertragsfähigen Obstbäume vor Jahrzehnten gewaltiger als heute. Venn
durch die Wirkungen des strengen Winters 1879/80 waren von 424937 nur
150585 Stück übrig geblieben, doch sind es im Jahre 1906 schon wieder
212533 Stück, welche Zahl seitdem durch Nachpflanzungen noch erheblich
gewachsen ist. Und gerade der Obstbau ist für unseren Kreis recht lohnend,
da die Mehrzahl der (Drte eine vorteilhafte Lage und im Zusammenhang
damit ein günstiges Klima hat. Welche Erträgnisse aus dem Obstbau erzielt
werden, lehren uns folgende Zahlen. Im Jahre 1910 wurden geerntet:
Tafeläpfel
10 007,5 6? im Werte von 139 880,5 Ji>
43 188 260 419
Tafelbirnen
589 „
7 826 „
Wirtschaftsbirnen . . . .
2 109,5 „
ii ii
17 685 „
Zwetschen und Pflaumen
955 „
ii II
11 898 ,,
Kirschen ......
360 „
II II
6 991 „
Aprikosen
9 „
II II
485 ,,
Pfirsiche
8 „
II II
625 „
Walnüsse
26,5 ,,
II n
890 „
Zusammen 57 252,5 dz im Werte von 446 699,5
Die bedeutenden Obsternten des Kreises haben einen riesigen verbrauch
im Volke selbst und die Entstehung von Obstkeltereien und Obstprodukten-
fabriken zur Folge. Kuffallend ist, daß der Weinbau fast ganz geschwunden
ist. vor Jahrhunderten war er in fast sämtlichen Gemarkungen unseres
Kreises bis zur 200 Metergrenze verbreitet*), wie uns auch der Flurname
,,Wingert" oder ,,Weinberg", der noch vielfach erhalten ist, lehrt. Rlle
Südhänge waren mit Reben bepflanzt, und in einzelnen Gemarkungen (Bü-
dingen, Ortenberg) nahm der Weinbau eine bevorzugte Stellung ein. Nach
dem 30jährigen Kriege lagen die meisten Wingerts wüste, aber im 18. Jahr-
hundert gewann der Weinbau in manchen Gemarkungen noch einmalerhöhte
Bedeutung. Das Auftreten der Rebenkrankheiten veranlaßte, daß die Win-
gerte nach und nach in Obst- und Getreidefelder umgewandelt wurden. 5lm
längsten hat sich der Weinbau bei Büdingen, Ortenberg, Diebach a. h. und
an der Konneburg erhalten. Gegenwärtig sind nur noch einige Wingerts
bei Büdingen im Betrieb, und bei Ober-INockstadt hat man ,,an der Lauen-
*) Noch 1616 hatten beispielsweise (Orleshausen 21, Talbach 63/ir Büches 1274»
Aulendiebach 2474, Wolf 9, Pferdsbach 2, Lorbach V2, viebach a. h. 18%, Mittel¬
gründau (Buchen) 247s Morgen Weinberge.