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Zweites Kapitel.
Ktiina und Anöau.
l. Das Klima des Vogtlandes ist im ganzen ungünstig, denn
8.) die Wärme ist gegenüber dem nördlich und südlich angrenzenden
Tief- und Hügellande natürlich geringer, im Vergleiche zum Erzgebirge
allerdings etwas höher;
b) die Niederschläge sind für ein Bergland auffällig gering. Die
Erklärung liegt darin, daß das Vogtland im sog. Regenschatten liegt.
Ein Blick auf die Gebirgskarte von Deutschland macht diesen Begriff klar:
Sachsens Regenwind kommt aus deu Himmelsrichtungen West, Nordwest
und Südwest; in allen diesen Richtungen liegen höhere Gebirge vor dem
Vogtlande (Thüringer Wald, Frankenwald, Fichtelgebirge), auf welchen sich
die feuchten Winde stark abkühlen und Niederschläge erzeugen; nun
streichen die Winde über das niedrigere Vogtland, das ihnen natur-
gemäß auch weniger Feuchtigkeit entziehen kann; dann aber steigen sie
auf das weit höhere Erzgebirge und bringen diesem wieder viel R^gen.
Der Schieferboden hätte aber gerade sehr starke Niederschläge nötig, um
^ rascher zu verwittern.,) So kommt es, daß noch drei Sechstel des Vogt-
^landes mit Wald (der große Schönecker Wald!), ein Sechstel mit Wiesen
,, /<y und nur zwei Sechstel mit Ackern bedeckt sind. Es liegt die Frage
' nahe, warum man nicht mehr Wald in Feld verwandelt. Die Vogt-
länder haben keine Schen vor dem Roden des Waldes wie die Sorben,
aber der Boden ist zu mager oder zu sumpfig und das Klima zu rauh,
so daß der Ackerbau viel mehr Arbeit, aber viel weniger Ertrag bringt
als im Tieflande.
3. Die Kartoffeln im Vogtlande. Auf magerem Boden, aus dem der
Getreidebau nicht mehr lohnt, gedeiht immer noch die Kartoffel, daher ist das
Vogtland ein wahres Kartoffelland geworden. So viel syeldfläche ist nirgends
mit Kartoffeln bepflanzt, so wimmelt es zur Zeit der Kartoffelernte nirgends von
Menschen auf den Ackern, und so ist im Herbste nirgends die Luft mit dem
Rauche vou Kartoffelfeuer erfüllt als auf den Höhen bei Ölsnitz, Adorf und
Markneukirchen. Aas Vogtland ist auch die erste Landschaft Deutschlands aewesen.
wo die Kartoffeln im großen auf den Feldern angebaut wurden und als Volks-
nahrung dienten, während sie anderswo nur noch als botanische Merkwürdigkeit
im Garten gezogen wurden. Schon vor mehr als 200 Jahren hatte sich, wie
der verstorbene Professor Johnson in Plauen nachgewiesen hat, die Kartoffel im
Vogtlande so als Feldfrucht eingebügert, daß sich Gutsauszügler in den Dörfern
um den Kapellenberg von ihren Nachfolgern einige Beete zu Erdäpfeln aus-
bedangen, wie das heute noch unter den Bauern Sitte ist. Das Pflanzen der
Kartoffeln geschah anfangs so, daß man sie nicht einzeln steckte, sondern wie
Korn säte; dann wurden sie untergeeggt und die obenliegenden in die Erde ge-
drückt. Die tiefeingedrückten gediehen immer am besten, und so ging man all-
mählich dazu über, alle zu stecken und zwar in Furchen oder Reihen. Infolge
des ersten Anbaus der Kartoffeln im Vogtlande belegte man sie mit dem Namen
„VogtländMe Knollen"; die wohlhabenden Bauern um Lommatzsch und Leipzig,
wo Getreide genug wächst, hatten anfangs bloß Spott und Verachtung für