Full text: Heimatkunde der Provinz Hannover

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einen gleichmütigen nnb zähen Charakter besitzt, so ist doch der Bewoh- 
ner des Berg- und Hügellandes redsam, empfänglich, durchaus nicht ab- 
geschlossen nnd Neuerungen nicht abhold. Die Dichtigkeit der Bevöl¬ 
kerung, der starke Verkehr, die große Menge der Städte, auch wohl die 
Zersplitterung des Grundbesitzes, sind nicht ohne Einfluß aus den 
Charakter des Volkes geblieben. 
Die Sprache des Landvolkes ist das Plattdeutsche, von dem hier 
im allgemeinen drei Arten austreten: das Plattdeutsche in Hildesheim 
und Göttingen, das Plattdeutsche in Calenberg und das osnabrücker 
Plattdeutsch. Als Probe des ersteren geben wir das „Martinilied," 
das in jenen Gegenden oft am „Martinsabend" von den Kindern ge- 
sungen wird; als Probe des zweiten den Anfang einer Predigt des 
Pastors Sackmann (1643—1718) zu Limmer bei Hannover, und als 
Probe des dritten ein „Auwendgebait." 
Martinilied. 
Wy komet woll vor einet rieken Mannes Döhr1) — Tan düssen Marten¬ 
abend. — Wy wünschet dem Herrn einen goldenen Disch — 'n gebratenen Fisch 
- 'n Glas mit Wien — Dat sall det Herrn Mahltied syn — Tau düssen 
Martenabend. — Wr> wünschet der Frnen 'n goldenen Wagen, — Mit Silwer 
beslagen, — Drin sall sei denn spazieren fahren, — Tau düssen Martenabend. — 
Wy hebbet der Jungser eschoren — Von Gold und Silwer 'n Krone, — Dei 
Krone dei is so wiet2) un breit — Bedecket de lehne3) Christenheit, — Bedecket 
dat Krnt und grenne4) Gras — Dat Gott, dei Herre, erschaffen har — Tau 
düssen Martenabend. 
Anfang einer Predigt des Pastors Sackmann. 
Ja, dat geit dull^) tho^) in der Welt, immer duller als dull, unrecht 
un umgekehrt. Sünst?) Hebben de Fruens Fohlen8) in de Röcke dragen, nu 
nich, nu gccht9) de Keerls mit Flegensohlen (ich meine Falten). Is dat nich 
ene Fruendracht? Ja seht mal an de Röcke. Als ick mi dit Kleed maken leed10) 
un nu de Schulder Meister Jochen mit de Kniepscheere darbi kam, so sedde11) ick: 
wo nu vor den Düster, will ji mik eenen Wiwerrock 12) makeu, schall ick nu ok 
up mineu olden Dag een Wis, een Narr waren? Ja, sedde de Schnider, ich 
will um ju nich thom Schelm waren, dat is de Mode so. Ick sedde: Hat di 
de Krankt13) mit diner Mode! Hier hebbe ick nu 5 Fohlen und achte*14) 
5 Fohlen un hier noch 5 Fohlen. O ick arme Mann! usw. 
Auwendgebait.15) 
's Auwens, wenn 'k to Bedde gae, — Legg 'k mie in Mariggens Schaut^), 
— Mrigge^) es miin Mooder, — Jannes es miin Brooder, — Jesus is mm 
Gleidesman18), — De mi 'n Weg wnal wiisen kann. — Waar19) ick ligg' und 
waar ick staae, — Folgt mi vertein Engel nae, — Twe to muten Koppe, — 
Twee to miinen Fööteu, — Twee to mimer rechten Siit, — Twee to miiner 
linken Siit, — Twee, de mi decket, — Twee, de mi wecket, — Und twee, de 
mii'n Weg tom Hemel wiiset. 
4) Tür. — 2) weit. — 3) liebe. — 4) grüne. — 5) toll. — G) zu. — 
7) sonst. — 8) Falten. — ») geht. — 10) ließ. — n) sagte. — 12) Weiberrock. 
— 13) Krankheit. — 14) hinten. — 15) Abendgebet. — 16) Schoß. — 17) Maria. — 
18) Geleitsmann. — 19) Wo.
	        
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