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C. Abhandelnde Urola.
I. Didaktisches, Reflexionen und
Abhandlungen.
211. Die Schöpfung und der Schöpfer.
Johann Georg Jung, gen. Stilling.
Wenn wir die prächtige Sonne mit ihrem strahlenden Licht, den sanft und
traulich glänzenden Mond und die Millionen Sterne, wovon jedoch unser
Auge nur den kleinsten Teil wahrnimmt, betrachten, und wenn wir unsere
Erde mit ihren unendlich mannigfaltigen Bergen, Thälern, Quellen, Bächen,
Strömen, Seeen und Meeren, die vielen Wunderdinge in der Erde, im Stein¬
reich, die unbegreiflich große und mannigfaltige Menge Tierarten im Wasser,
in der Luft und auf der Erde, vom Walfisch an bis zum kleinsten Würmchen,
und nun alle die Pflanzen, von der Eiche bis zum kleinsten Grashälmchen,
alle die Blumen, von der Rose bis zum Märzveilchen, und alle die Früchte
und Kräuter überschauen, und endlich, wenn wir Menschen uns selbst in dieser
erstaunlich großen, majestätischen und wunderbaren Welt ansehen und bedenken,
daß wir das alles erkennen, empfinden, uns über das Schöne freuen und
das Gute genießen können: sagt, meine Lieben, was muß uns dann zuerst
einfallen? — Stellt euch vor, ihr sähet in einem Saal eine prächtige Uhr,
die mit großer Kunst verfertigt wäre; würdet ihr sie nicht mit vieler Neugier
und Bewunderung betrachten, und dann fragen, wer in aller Welt doch dieses
große Meisterwerk gemacht habe? — Wie, wenn nun der Mann, der euch
die Uhr zeigte, antwortete: „Ei, die hat sich selber gemacht!" — oder: „Die
ist immer von Ewigkeit her dagewesen!" — würdet ihr nicht unwillig werden
und sagen: „Herr, haltet uns nicht für Narren!" — Ebenso ist es auch mit
der Welt. Dieses große Kunstwerk kann sich nicht selber gemacht haben und
kann auch nicht immer von Ewigkeit so dagewesen sein; es muß notwendig
einmal einen Ansang gehabt haben. Aber nun der Meister, der die Sonne
dort oben an den Himmel stellte, den Mond dahin in die Luft ordnete und
die unermeßliche Menge Sterne dorthin ins blaue Firmament säete, die Berge
gründete, den Flüssen ihren Weg zeigte und dem Meere seine Grenzen setzte