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ungeheuer große Schichten, welche, sobald Wasser hinzutritt, sich
entzünden. Steinkohlenlager, die sich ebenfalls reichlich unter der
Erde befinden, geben dem Feuer Nahrung genug, und so entsteht
ein ungeheurer Brand. Durch das Verbrennen dieser Stoffe werden
aber starke Dämpfe entwickelt, die irgendwo einen Ausgang suchen.
Denn die Dämpfe sind sehr elastisch, d. h. sie lassen sich sehr zu-
sammenpressen, aber nur bis auf einen gewissen Grad, dann dehnen
sie sich mit außerordentlicher Gewalt wieder aus, und je mehr sie
zusammengepreßt waren, mit desto ungeheurer Kraft zersprengen sie
Alles, was sie beschränken will. Aus diese Eigenschaft der Dämpfe
gründen sich ja auch die neuerlich erfundenen Dampfmaschinen, die
jetzt auf fo vielfache Weise angewendet werden, um die schwersten
Lasten fortzubewegen. Man läßt nämlich durch ein großes Feuer
Wasser sich in Dämpfe auflösen, schließt diese Dämpfe ein, bis sie
sich so angehäuft habeu, daß sie sich nicht weiter zusammendrücken
lassen und wendet sie dann an. — Haben nun die unter der Erde
eingeschlossenen Dämpfe eine solche Kraft erreicht, die ihnen die Zu-
sammeupressuug verliehen hat, fo sprengen sie mit Gewalt die Ober-
fläche der Erde, damit sie einen Ausgang gewinnen. Während sie
noch kämpfen, sich aus ihrem Kerker zu befreien, ertönt ein unter-
irdischer Donner oder ein heftiges Geklirr; der Erdboden wird er-
schüttert, schwankt, bewegt sich, wie Wellen im Meere, auf und
nieder; es erfolgen die heftigsten Stöße; hie und da stürzt er ein,
da es unter ihm hohl geworden ist; Hügel sinken in den Abgrund,
und an andern Orten heben sich neue Berge empor; Seen ver-
schwinden und werden ausgefüllt, und an deren Stelle bilden sich
neue Gewäfser; dicker Schwefeldampf steigt aus der geborstenen Erde
hervor, und Feuerflammen scheinen von der Erde ausgespien zu
werden. Oft erheben sich auch heftige Gewitter, welche die Schrecken
noch erhöhen. So tobt es fort unter und über der Erde, bis die
unterirdischen Mächte irgendwo einen Ausgang gefunden haben.
Eine ähnliche Bewandtniß hat es mit den feuerspeienden Bergen.
Um einigermaßen einen Begriff von dieser Erscheinung zu geben,
ist im Folgenden das Erdbeben beschrieben, welches im Jahr 1755
Lissabon verwüstete.
Wie in London, so blühte der Handel vor dem Erdbeben in
Lissabon. Auf sieben Hügeln prangte die Stadt, und wunderschön
war sie vom Tajoström anzuschauen. Von der Stadt aus sah
man den glänzenden Wasserspiegel, auf dem die Segel seesahrender
Nationen im Winde flatterten. Jenseits des Tajo breitete sich ein
lachendes Landschaftsgemälde ans; in den gesegneten Fluren lagen
glückliche Städte und wohlhabende Dörfer. Lissabon selbst war von
einer altertümlichen Mauer umringt, auf der sich siebenundzwanzig
Thürme erhoben.