Full text: Heimatskunde der Provinz Hannover

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Wassergräben, die dem Feinde das Herannahen erschweren sollten. Im 
Innern der Stadt waren die Straßen eng und winkelig und nur selten 
gepflastert, häufig mit Ziehbrunnen besetzt. Die meisten Bürgerhäuser 
waren klein, von Fachwerk gebaut, mit Stroh oder Schindeln gedeckt. 
Zwischen den niederen Bürgerhäusern aber erhoben sich die stattlichen 
Höfe der Geschlechter (des Stadtadels) mit hervortretenden Obergeschossen 
und stolzen Giebeln. Bauten die Bürger ihre eigenen Häuser einfach, so 
geizten sie nicht, wenn es galt, die Stadt mit öffentlichen Gebäuden zu 
schmücken. Aus jenen Zeiten stammen die stolzen Rathäuser und die 
wunderbar schönen Kirchen, manche der letzteren so großartig, daß unser 
Geschlecht nimmer Mut fände, sie zu bauen. — In diesen alten Städten 
regte sich ein buntes Leben. Nutzbares oder kunstreiches Handwerk 
beschäftigte viele Hände; auf knarrenden Frachtwagen ließen die reichen 
Kaufherren die Güter der Fremde herbeiführen, um sie gegen Erzeugnisse 
des städtischen Gewerbfleißes einzutauschen. Ost aber glich auch die 
Stadt einem Heerlager, wenn es nämlich galt, einen Feind von der 
Stadt abzutreiben. Dann stürzten auf den Hornruf des Thorwarts die 
gewappneten Bürger herbei, die Friedensstörer mit Bolzen, Lanzen und 
Morgensternen zu empfangen. 
G. Die Zeiten der Reformation. 
1. Auch um das kirchliche Leben sah es in damaliger Zeit sehr 
traurig aus. Als aber die Übelstände am schreiendsten geworden waren, 
da trat Or. Martin Luther (1483 — 1546) auf und vollführte das große 
Werk der Reformation. Zu der Zeit war eins der Teilfürstentümer des 
braunschweig-lüneburgischen Hauses das von Kalenberg und Göt- 
tingen. Es herrschte hier Herzog Erich der Ältere. Erich blieb 
zwar sein Lebenlang dem katholischen Bekenntnis getreu, aber er duldete 
wenigstens die Einführung der Reformation in seinen Landen. Er war 
es auch, der auf dem Reichstage zu Worms 1521, durch Luthers Gott- 
vertrauen und starkes, mächtiges Wort tief ergriffen, dem kühnen Mönche 
eine Kanne Einbeckschen Bieres sandte, die Luther mit den Worten ent- 
gegennahm: „Wie Herzog Erich meiner gedacht hat, also denke seiner 
der Herr Christus in seiner letzten Not." — Seine Gemahlin war 
Elisabeth, Tochter des Kurfürsten Joachim I. von Brandenburg. 
Sie war evangelisch, und Erich ließ seine „herzliebe Ilse", wie er sie 
nannte, gewähren. Wo sie die Reformation förderte, hinderte Erich sie 
nicht. So kam es, daß die evangelische Lehre bald in den Fürsten- 
tümern Eingang fand. Herzog Erich starb 1540. Sein Sohn, Erich 
der Jüngere, war erst 12 Jahre alt, und darum übernahm die 
Mutter Elisabeth die vormundschaftliche Regierung. Eine ihrer ersten 
Regierungshandlungen war, daß sie den frommen und gelehrten Prediger 
Anton Cor Vinns nach ihrer Residenz Münden berief. Nachdem 
dann auf dem Landtage zu Pattensen 1541 die Einführung der 
Reformation von den Landständen genehmigt worden war, arbeitete 
Corvinns auf Befehl Elisabeths eine Kirchenordnung aus und unter¬
	        
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