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5. Die geographische Wreite und Länge. ~
Die Ausdrücke Breite und Länge haben sich aus dem Alter-
thnm auf u»s fortgepflanzt und stammen aus einer Zeit her, Ivo
mau mit der wahren Gestalt der Erde noch unbekannt war, und
eine weit größere Strecke Landes in der Richtung von Osten nach
Westen, als in der vou Süden nach Norden kannte. Da wir nun
die größere Ausdehnung einer Fläche gewöhnlich Länge, die kleinere
aber Breite nennen, so erhielten sich diese Ausdrücke auch später iu
der Bestimmung der Lage eines Ortes auf der Erdoberfläche.
1. Geographische Breite.
Unter den Parallelkreisen nimmt man den durch feine Größe
vor alleu ausgezeichueteu Aequator als den Null-Parallelkreis au
und zählt von ihm aus uach jedem Pol 90° geographischer Breite.
Unter der geographischen Breite eines Ortes versteht man demnach
seine Entfernung oder seinen Abstand vom Aequator oder, was
derselbe ist, auch den Winkel, den die Vertikallinie dieses Ortes
mit der Ebene des Aequators bildet. Mau unterscheidet nördliche
(11. Br.) und südliche Breite (). Br.); sie wird jedesmal vom
Aequator au bis zu deu Polen mit 0° bis 90° bezeichnet. Die
geographische Breite wird durch die Parallel- oder Breiteukreise be-
stimmt. Zwischen zwei Parallelkreisen liegt ein Breiteugrad. Die
Größe der Breiteugrade wird gemessen durch die Meridiane, na-
mentlich durch die Graduiruug des Hauptmeridians und des mes-
singenett Meridians. Die Breitengrade müßten bei regelmäßiger
Kugelgestalt der Erde sämmtlich — 15 Meilen sein, sie sind
aber wegen der Abplattung der Erde in der Nähe der Pole etwas
größer.
Ein Mittel zur Bestimmung der geographischen Breite ist die
Beobachtung und Messung der Polhöhe; denn die Polhöhe eines
Ortes ist stets gleich seiner geographischen Breite. Ständen wir
auf dem Nordpole der Erde, in 90° Breite, so hätten wir den ent-
sprechenden Pol im Zenithe, also ebenfalls in 90° Höhe, und der
Aequator des Himmels läge im Horizonte. Entfernten wir uns
1, 10, 20, 30—90° vom Erdpole, so würde auch unser Zenith
sich um ebenso viel Grade vom Himmelspole entfernen und der
Pol entsprechend hinabzusinken, der Himmelsäquator sich also iu
gleichem Maße zu erheben scheinen. Folglich ergänzen sich stets
Polhöhe und Aeqnatorhöhe zu 90°. Die geographische Breite läßt
sich am einfachsten durch Messung der Höhe des Polarsternes be-
stimmen.