Full text: Tier-Geographie (Abt. 2)

Charakter-Vögel Südamerikas, 111' 
beschäftigt, daß man 4 — 5 nach einander erlegen kann, bevor 
die übrigen es merken und davon fliegen. Die Indianer be¬ 
reiten sich aus den Bälgen einen phantastischen Federschmuck, 
und der Kaiser von Brasilien trug bei besonderen Festlichkeiten 
einen Mantel, welcher aus diesen Bälgen verfertigt war. 
5. In den brasilianischen Urwäldern sind die Pfefferfresser 
oder Tukans nächst den Papageien die gemeinsten Vögel. Über- 
all erlegt man ihrer in der kalten Jahreszeit eine Menge, um 
sie zu essen. Der größte aller Pfefferfresser ist der Toko. 
Er bewohnt die hochgelegenen Teile Südamerikas von Guiana 
an bis Paraguay hin. Hoch oben in den Waldbäumen treibt 
er mit seinem kolossalen, zellig hohlem Schnabel sein gefräßiges 
Spiel, wie sein Verwandter, der Nashornvogel der alten Welt. 
Allen Pfefferfressern wird in Brasilien eifrig nachgestellt, eben- 
sowohl ihres Fleisches und ihrer schönen Federn halber, als in 
der Absicht, die sonderbaren Gesellen sich zu Hausgenossen zu 
erwerben. Die Eingeborenen verfertigen sowohl ihre Kopsbe- 
decknng, als auch förmliche Mäntel aus den roten und gelben 
Federn, sodaß bei dem großen Bedarf dieses Federschmuckes die 
Tukans bald ausgerottet sein würden, wenn nicht die Wilden 
auf eine höchst scharfsinnige Weise dem Untergange ihrer Kleider- 
lieseranten vorbeugten. Sie schießen nämlich die Vögel mit 
ganz kleinen und mit äußerst schwachem Gifte bestrichenen Pfeilen. 
Die Wunde, die ein solcher Pfeil verursacht, ist zu unbedeutend, 
um tödlich zu werden, während das schwache Gift den Ver- 
wnndeten nur betäubt. Der Vogel fällt herab, die gewünschten 
Federn werden herausgezogen, und nach kurzer Zeit erhebt er 
sich wieder, um vielleicht wiederholt geschossen und beraubt zu 
werden. 
6. Der größte Amerika eigentümliche Raubvogel ist jener 
Kondor, der Riese unter den Geiern, welcher sich in majestä- 
tischem Fluge über den Eisgipfeln der Anden wiegt. Die 
Region, welche man als den gewöhnlichen Aufenthalt dieses 
Vogels betrachten kann, begreift Luftschichten, die zwischen 
3—5000 m über den Meeresspiegel erhaben sind. Raubsucht 
und Nachstellung der zartwolligen Vicnnnas, welche gemsenartig 
und herdenweise in den beschneiten Grasebenen schwärmen, locken 
den mächtigen Vogel — welcher, völlig ausgewachsen, mit aus- 
gespannten Flügeln 12 — 13 Fuß mißt — in diese Region. Er 
ist unter allen lebendigen Geschöpfen wahrscheinlich dasjenige,
	        
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