Metadata: Römische Kaisergeschichte, Geschichte der Völkerwanderung und deutsche Geschichte im Mittelalter bis 1519 (Teil 3 = (Untertertia))

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Mittlere Geschichte. 
beherrschten. Mit wachsendem Mißtrauen verfolgten Herzöge und Bischöfe 
die Regierungshandlungen des jungen Königs. Und als Heinrich gar das 
erledigte Herzogtum Sachsen wieder als Königsgut einziehen wollte (1072), 
kam es in Sachsen und Thüringen zum Aufstand, die süddeutschen Fürsten 
aber kündigten dem König den Gehorsam. Dieserhalb wandte sich Heinrich 
in die Rheinlande, wo er z. B. in Worms von der Bürgerschaft freudigst 
aufgenommen wurde, und wo in Cöln die königstreue Bevölkerung den 
Erzbischof Anno verjagte. Nun lenkten wenigstens die süddeutschen Bischöfe 
ein und vermittelten zwischen Heinrich und den Sachsen. Heinrich gewährte 
den Empörern Straflosigkeit und mußte sogar seine Burgen im Sachsenland 
niederreißen lassen. — 
§ 4. Gleich bei Beginn der Sachsennot hatte sich Heinrich IV. in 
einem demütigen Schreiben an Gregor VII. gewandt und in die Abschaffung 
der Simonie und Priesterehe auch für Deutschland gewilligt. Da aber 
Heinrich seine Erfolge gegen die Sachsen in erster Linie den Gegnern der 
Reformpartei zu verdanken hatte, so verlangten diese von ihm eine andere 
Haltung dem Reformpapst gegenüber, vor allem die Aufrechterhaltung der 
vom Papst für eine Sünde erklärten Laieninvestitur, d. h. die Aufrecht- 
erhaltuug des königlichen Rechtes, diejenigen kirchlichen Würdenträger, die 
durch ihr Amt in den Genuß von Reichsgut gelangten, selbst zu ernennen. 
Und der König, jetzt Sieger, änderte wirklich seine Haltung: er ernannte 
wiederum nach wie vor die Bischöfe, und der Handel mit Kirchenämtern 
dauerte fort. Da forderte Gregor VII. den König unter Androhung des 
Bannes zur Verantwortung nach Rom. Als Antwort hierauf ließ Heinrich IV. 
den Papst auf einer Synode zu Worms (Januar 1076) absetzen als einen 
„Tyrannen, der sich am Gesalbten des Herrn vergreife". Des Papstes 
Gegenantwort aber war der Bannsluch über den König, wodurch die Christen 
des dem Könige geleisteten Eides nach den damaligen Rechtsbegriffen ent- 
bnnden wurden. — 
§ 5. Dies war nun den Großen des Reichs und eben denen, die 
sonst noch wie z. B. die Sachsen mit dem bisherigen gewaltsamen Wesen 
des Königs nicht einverstanden waren, der willkommene Anlaß, sich am 
König zu rächen, und, ihren Haß höher achtend als des Reiches Ehre und 
Selbständigkeit, beschlossen die Fürsten zu Tribur (Oktober 1076), daß 
Heinrich IV. seinen Thron verloren habe, wenn er sich nicht binnen Jahres- 
frist vom Banne losmache. Um diese Schmach von sich und dem Reiche 
abzuwenden, hatte Heinrich IV. noch so viel Stolz und Selbstüberwindung, 
daß er als König und als Christ diesem Beschluß des Fürstentags nicht 
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