100 Das Meerwasser.
Wellenschlages und der feuchten Luft, der Salzgehalt des Meeres
hauptsächlich die nervenstärkende, heilsame Wirkung der Bäder
hervor, welche alljährlich Tausende von Landbewohnern an die
Ufer des verjüngenden Ozeans hinzieht.
Es ist eine sehr merkwürdige Thatsache, die zugleich einen
unwiderlegbaren Beweis von der überall und unausgesetzt statt-
findenden Zirkulation der Gewässer liefert, daß das Verhältnis
und die Zusammensetzung der Salze durch den ganzen Ozean
voni Äquator bis iu die eisstarrenden Polarmeere dieselben
bleiben. Nur durch sehr scharfe Beobachtungen hat man finden
können, daß es auf jeder Seite der Linie in der Nähe des
zwanzigsten Breitegrades eine Zone giebt, welche ziemlich be-
ständig den größten Salzgehalt zeigt, während derselbe sowohl
nach den Polen als nach dem Äquator hin schwächer wird.
Im ganzen zeigt aber die ungeheure Wassermasse, die, von Pol
zu Pol reichend, drei Vierteile des Erdballs bedeckt, eine fast
vollständig gleichförmige Zusammensetzung aus denselben Bestand-
teilen. Nur die vom Lande umschlossenen Binnenmeere, wie
das rote Meer, das Mittelmeer und die Ostsee, zeigen wegen
ihrer trägen Kommunikation mit dem Ozean Äbweichungen von
der allgemeinen Regel.
Die Beschaffenheit des Seewassers ist hiernach bei der über-
wiegenden Menge desselben als die eigentlich normale ans unserer
Erde anzusehen, und die verschiedenen Abstufungen der Reinheit,
die uns das Wasser der Binnenmeere nnd Landseen, der Flüsse,
Quellen und atmosphärischen Niederschläge darbietet, sind im
Grunde nur zeitweise Abweichungen, Übergangsstadien, in welchen
sich ein kleiner Teil des Seewassers bei seinem Kreislauf be-
findet. Wie aber das Salz in das Meer gekommen ist, ob es
bei der Bildung unserer Erdrinde von den warmen Gewässern
des Ur-Ozeans aufgelöst wurde, oder ob es die Flüsse im Laufe
der Jahrtausende vom Lande abgespült und nach und nach in
das Meer geführt haben, — das find Fragen, welche die Wissen-
schaft noch nicht zu beantworten vermag.
Eine andere, fehr charakteristische Eigenschaft des Seewassers,
die es wesentlich vom Flußwasser unterscheidet, ist seine große
Durchsichtigkeit. Für den, der zum erstenmale auf „Salz-
waffer" kommt, kann es in der That nichts Überraschenderes
geben, als die Deutlichkeit, mit welcher er im Wasser befindliche
Gegenstände bis auf große Tiefen erblickt. In unseren nordischen