Full text: Charakterbilder aus Deutschland (Abt. 10)

Die Weichselniederungen. 133 
daß nur der Einheimische imstande ist, sich zurecht zu finden. 
Die Werder verdanken ihre große Fruchtbarkeit einer schwarzen, 
lehmigen Erde, welche in dieser Gegend „Pech" genannt wird. 
Es ist ein Marsch- oder Schlickboden, zurückgebliebener Fluß- 
uud Meerschlamm, mit allerlei Überresten von Pflanzen und 
Muscheln gemischt. Als die weite Ebene noch nicht durch Deiche 
gegen Überschwemmungen geschützt war. bildete sie ein großes 
Sumpfgebiet. Erst unter den Deutschherrn wurde ums Jahr 
1300 das Riesenwerk der Entwässerung uud Eindämmung in 
Angriff genommen. Mehrere tausend Menschen waren dabei 
beschäftigt und führten in der kurzen Zeit von sechs Jahren an 
180 Km Dämme auf. Seine Bewohner erhielt das neue Land 
aus Niedersachsen und Flandern. Einige Jahrhunderte später 
zogen viele vor der Tyrannei Albas aus Holland flüchtende 
Mennoniten hier ein. Ein beträchtlicher Teil des Bodens der 
Niederung wird als Weide für große Pferde- und fast zahllose 
Rinderherden benutzt. Aus diesem Gruude sowie wegen des 
Mangels an Städten sind die Werder viel geringer bevölkert 
als man bei ihrer natürlichen Fruchtbarkeit erwarten sollte. 
Letztere ist in der That überaus groß. Man baut vorzugsweise 
Weizeu, Raps und Gerste. Die Landschaft bekommt durch die 
zahlreichen kleinen Kanäle, die nicht minder häufigen Wasser- 
schöpfmühlen, welche das Wasser in zweckmäßiger Weise ableiten 
und verteilen, fast ein holländisches Aussehen. Die Unterhaltung 
der Deiche ist keine kleine Last für die Werderaner. Wie an 
der deutschen Nordseeküste, so ist nian auch hier an die „Deich- 
ordnung" aufs strengste gebunden. Der Wachtdienst auf deu 
Deichen ist besonders anstrengend, wenn zur Zeit des Eisgangs 
auf Weichsel und Nogat die Dämme schwer bedroht sind. 
8. Schleswig-Holstein. 
a) Die Fluten, b) Marsch, c) Dünen, d) Geest, e) Die Ostseite. 
a) Im grauen Altertum, so wird uns erzählt, rauschte 
vom Osten her eine gewaltige Wasserflut heran, die, nachdem 
sie das Becken der jetzigen Ostsee gefüllt, die wehrlosen Küsten 
unseres geliebten Heimatlandes mit Sturmesgewalt aufiel, die 
Wälder zerbrach und ins Herz des Landes hineindrang. Ob 
die wilden Gewässer sich eine Bahn durch Sund und Belte
	        
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