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„Mit Hilfe der Karte können wir uns Vorstellungen von den geogra-
phischen Verhältnissen solcher Gegenden verschaffen, die wir aus eigener
Anschauung nicht kennen; mit Hilfe der Karte vermögen wir uns auch
eine Uebersicht zu verschaffen über größere Landstrecken, ja über das
Erdganze; durch die Betrachtung der Karte gelangen wir endlich auch
zu allgemeinen Gesichtspunkten, die beim bloßen Anblicke der Länder
selbst zurückzutreten pflegen.", (Trunk.) Mau darf aber die Bedeutung
der Landkarte — auch der besten — andererseits nicht zu hoch an-
schlagen. Die Landkarte mit ihrer Symbolik wird auch dem begabtesten
Kinde immer nnr ein unzureichendes, unvollkommenes Bild einer Land-
schaft zu geben imstande sein. Diese Zeichen stellen eine große An-
fordernng an das Auffassungsvermögen der Kinder. Sie sagen dem
Beschauer Wohl, daß hier ein Hochgebirge, dort ein Gletscher, dort eine
Flachküste, hier eine Steilküste, da ein Strom, hier eine Wüste, dort ein
Urwald ist, aber diese Symbole zeigen nicht, wie alle diese Dinge aus-
sehen. Diese Begriffe kann man nicht aus der Karte herauslesen, man
muß sie vielmehr in dieselbe hineinlesen. Man muß den toten Zeichen
Leben geben, und das geschieht neben der lebensvollen Schilderung durch
das gemalte Bild (gegenüber dem wirklichen (natürlichen) Bilde in der
engeren Heimatsknnde). Aber die Schilderung — und sei sie noch so
anschaulich — kann das Bild niemals ersetzen. Die Schilderung allein
kann in der Phantasie der Kinder leicht Bilder entstehen lassen, die
garnicht der Wirklichkeit entsprechen. Eine lebendige Schilderung muß
zum Bilde erklärend hinzutreten, aber des Bildes selber können wir
im erdkundlichen Unterricht nicht entraten, wenn anders er dem Prinzip
der Anschauung im weitesten Maße Rechnung tragen will. Karte uud
Bild gehören zusammen und müssen einander ergänzen. Man kann die
Karte wohl mit dem Antlitz vergleichen, dem das Bild erst den Gesichts-
Ausdruck verleiht.
Am wichtigsten sür den erdkundlichen Unterricht ist im Grunde
genommen das Stereoskopbild, weil es der Natnr am nächsten kommt.
Das Stereoskop verkörperlicht die Bilder. Leider beansprucht die Be-
Nutzung von Stereoskopbildern viel Zeit, da immer nur ein Kind ein
solches Bild betrachten und dieses nicht von allen Kindern gleichzeitig
gesehen werden kann. Die Anwendung dieses sonst so vorzüglichen
Veranschaulichungsmittels wird daher am praktischsten außerhalb der
Unterrichtsstunden erfolgen. Zur Veranschaulichung der Objekte des
erdkundlichen Unterrichts sollen diese Bilder soviel als irgend möglich
herangezogen werden, und es wäre grundfalsch, auf diese wichtige Art