Full text: Landeskunde des deutschen Reiches

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diesen Fächern noch die Staats- und Naturwissenschaft hinzu, und 
die Theologie spaltete sich in eine evangelische und katholische 
Richtung. Die Universität wird vou der Lehrerschaft selbständig 
verwaltet, die aus ihrer Mitte jährlich einen Rektor wählt. Dem- 
selbeu steht ein Kanzler in deu Regieruugsgeschästeu zur Seite, 
deu der Staat ernennt. In dem Herzogsschlosse ist auch die große 
Bücherei der Hochschule aufgestellt und ein runder Eckturm zur 
Einrichtung eiuer Sternwarte errichtet worden. Da sich die Hoch- 
schule eines guten Besuches erfreut, mußten auch iu deu neuen 
Stadtteilen Tübingens weitere Gebäude für Lehrzwecke angelegt 
werden. Nur durch fortgesetzte Erweiterung vermag sie ja deu 
guten Ruf zu erhalten, den sie durch berühmte Lehrer und Schüler 
in deutschen Landen sich erworben hatte. Hier hat einst Johann 
Reuchliu gelehrt, aus dessen Sprachkenntnisse jetzt noch seine Grab- 
schrist hinweist, die in drei verschiedenen Sprachen abgefaßt wurde. 
Hier hat einst auch Johann Brenz gewirkt, um der lutherischen 
Lehre vom reinen Evangelium iu Schule, Kirche und Stadt Eingang 
zu verschaffen. Hier hat Johann Kepler studiert, der uns die Gesetze 
über die Stellung und den Gang der Himmelskörper erschloß, und 
hier hat Ludwig Uhlaud gelebt und gelehrt, dessen Haus noch jetzt 
am Neckar steht, der die Kapelle der (Wurmlingen) Höhe besaug, 
deu Frühling im Thale feierte, die Thateu Eberhard des Greiners 
und Eberhards im Barte besaug und mit deutscher Reinheit des 
Herzens die Minne, mit kraftvoller Sprache den Mut der Helden 
pries. So ist Tübingen durch die Hochschule und durch 
Lehre und Leben ihrer Lehrer eine frische Wissens- und 
Lebensquelle für die schwäbische und deutsche Jugend 
geworden. Zusammenfassung. 
5. Was aber der Landmann mit fleißigen Händen schafft, 
was der Bürger mit praktischem Geschicke gestaltet, was sich in der 
Seele des Künstlers bildet, und was der Geist der Gelehrten er- 
denkt, was ein Gemeingut des Volkes gewordeu ist und den Höhe- 
stand seiner Bildung darstellt: das muß auch mit der tapfereu Faust 
der Bürger verteidigt und mit deu Waffen aller wehrfähigen Söhne 
des Vaterlandes beschützt werden. Nicht umsonst umzog daher 
schon im Mittelalter die Bürgerschaft die Städte und ihre Schätze 
mit bergenden Mauern. Nicht umsonst übten sich die Zünfte im 
Tragen und in der Führung der Waffen. Nicht umsonst schlössen 
sich die Bewohner der Städte zum schwäbischen Bunde zusammen,
	        
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