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und Handel mit den Erzengnissen des Nordens und des Südens
entwickelt. Dadurch sammelte sich ein solcher Reichtum in der Stadt
an, daß die deutschen Kaiser gern ihre Ausgaben mit Ulmer Geldern
deckten und das Sprichwort entstand: „Ulmer Geld geht dnrch die
ganze Welt." Doch oerstanden die Bürger der Stadt es auch, mit
Spieß und Schwert ihren Reichtum zu verteidigen. Mutig haben
sie mit Rittern und Fürsten gerungen und unzählige Raubburgen
gebrochen. Bei allem Waffentnme wurde aber des edleu Handwerks
und der Künste nicht vergessen. Spielkarten und Backwaren, Turm¬
uhren und Leiuwand gingen aus den Werkstätten hervor, und
mitten in der Stadt erhob sich als majestätischer Knustban das
Münster. In dem Jahre 1377 begonnen, hat es bis jetzt im Hanpt-
türme seine Vollendung noch nicht finden können Nur das Haupt-
gebäude mit deu beiden Endtürmen ist fertig gestellt. Der Hanpt-
türm aber erhebt sich mit seinen starken und doch zierlichen
Pfeilern ohue die abschließende Pyramide. Aber auch in dieser
noch unvollendeten Form ist der Dom in seiner gewaltigen Größe
und in der schönen Ausrichtung seiner Pfeiler und Bogen ein Herr-
liches Deukmal mittelalterlicher Banknnst, frommen Bürgersinnes
und kunstsinnigen Schaffens. Zu ihrem und des Landes Schutze
ist die Stadt Ulm stark bewehrt wordeu. Die Festungswerke liegen
auf beiden Seiten der Donau. Auf dem rechten User gehören sie
der bayrischen Stadt Nen-Ulm an und bilden einen mächtigen
Brückenkopf. Auf dem linken Ufer aber umziehen sie das alte Ulm
mit ihren Mauern und Türmen und finden zunächst in der Wilhelms-
feste auf dem Michelsberge einen hervortretenden Stützpunkt. Außer-
halb der Mauern wurden schon in dem 5. und 6. Jahrzehnt unseres
Jahrhunderts starke Werke angelegt. Ju unserem Jahrzehnt sind
noch weitere Befestigungen dazu gekommen, so daß gegenwärtig
die Festung Ulm, durch Natur und Kunst bewehrt, einer der
größten Wasseuplätze für die deutsche Armee geworden ist.
6. Wird nun schou durch das höfische Stuttgart, durch das
volkstümliche Kaustadt, durch das gelehrte Tübingen, durch das
bewehrte Ulm uud durch eine Reihe gewerblicher Städte der Ruhm
des schwäbischeu Volkes hinreichend verkündet, so dürfen wir noch
anßer den genannten Orten drei weitere Städte nicht übergehen,
an deren Namen sich dnrch Sage nnd Geschichte die Ehre der
Landeskinder innig gekettet hat. Nordöstlich von Kallstadt liegt
Waiblingen an der Rems, eine alte Besitzung, die frühzeitig an