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sprengen durch die belebten Straßen, Offiziere mit glänzenden
Ordenssternen schreiten an uns vorüber, und die Herren des großen
Generalstabes wenden sich dem Generalstabsgebäude, in dem das
innere militärische Getriebe wurzelt, zu.
Für das militärische Weseu hat der Berliner auch stets eiu
%> offenes Ohr und Auge. Wie staut sich das Volk, wenn die
Gardehusaren unter schmetterudeu Klängen die Straße entlang
reiten! Wie drängt sich insbesondere die Jugeud herbei, weuu
die straffen Züge der Infanterie unter Hörnerklang nach der
Königswache ziehen! Wie mustert der Bürger, der selbst einst
deu Rock des Königs getragen, den Tritt und die Haltung der
jungen Söhne des Mars, wenn sie in Bataillonen uud Regimen-
teru singend oder spielend an ihm vorüberziehen! Wie wird er
aber im Innersten mit fortgerissen, wenn die glänzenden Truppen-
Massen im sonnigen Mai nach dem Tempelhofer Felde zur Früh-
jahrsParade ziehen! Da leidet es keinen echten Berliner mehr
iu deu Mauern der Militärstadt. Mit einem kräftige« Frühstücke
im Korbe, wandern die Mütter mit ihren Töchtern dem großen
Übungsplatze zu, der im Süden der Stadt liegt. Väter führen
ihre Söhne an dem Kriegerdenkmale auf dem Kreuzberge vorüber
dem militärischen Schauspiele entgegen. Hunderte vou reichbesetzten
Landauern rollen uach dem Paradefelde. Fremdländische Offiziere
sprengen heran, um Zeugen der militärischen Bewegungen zu seiu.
Eiu Regimeut uach dem anderen stellt sich in langen Paradegliedern
auf. Da schweigeu Musik uud Kommaudorufe, der betäubende
Lärm der schaulustigen Menge verstummt, leichte Staubwolken
verhüllen eine glänzende Reiterschar, die auf breiter Straße heran-
- sprengt: der Kaiser kommt! Er grüßt feine Braven mit einem frischen
„Guten Morgen, Kinder!" und tausendstimmig antwortet dem
obersten Kriegsherr» des Reiches der Gegengruß der Truppen
(30 T.) und das freudige „Hurrah!" der Menge.
Die zahlreichen Kunstbauten, die an preußisch-
deutsche Siege erinnern, die Kasernen uud das Gebäude
des großen Generalstabes, sowie das soldatische Lebeu
auf den Straßen und Plätzen der Stadt uud vor allem
der militärische Zng, welcher dnrch die Bewohner der-
selben geht, prägt hinlänglich die Eigenart derselben
als einer Garnisonstadt aus. Zusammenfassung.