Reiß: Die Jivaros-Jndianer in Ecuador. 251 
einfache Stücke Zeug so nennen darf, werden von den Jivaros gefertigt 
aus selbst gezogener Baumwolle und sind alle gleichmäßig dunkelbraun 
gefärbt. ' Das Gewebe ist sehr fest und dicht; der Wert eines Stückes ist 
groß; deun bei den primitiven Webegeräten gebraucht eine Frau lauge 
Zeit zur Anfertigung. Deu Maugel au Kleidern ersetzen die sehr eiteln 
Indianer durch Bemaluug. Das Gesicht wird durch querlaufeude, oft 
mit Auszackuugeu versehene Linien in roter und schwarzer Farbe verziert, 
Brust und Unterleib mit schwarzen Zeichnungen, meist Quadraten oder 
einfachen Linien. Hier uud da findet sich auch eiu quer über die Brust 
sich erstreckendes, mit fortlaufenden Ornamenten Verseheues Band, beffen 
scheinbar mühsame Herstellung auf die einfachste Weise bewirkt wird. Man 
bedient sich dazu etwa 7 Centimeter langer und 2 Centimeter dicker Holz? 
Cylinder, auf welchen die Zeichnung tiefeingeschnitten ist. Die Vertiefungen 
werden durch die mit Vogelfett angeriebene Farbe gefüllt und der Cylinder 
alsdann unter festem Ausdrücken mit der Hand über den nackten Körper 
hinweggerollt. Die Zeichnungen am Körper, deren Anfertigung längere 
Zeit erfordert, werden mit einem nach und nach schwarz werdenden Pflanzen- 
fast aufgetragen; die Farbe hält sich 8—10 Tage laug uud widersteht selbst 
energischen Reinigungsversuchen. Die roten Linien müssen dagegen stets 
erneuert werden, zu welchem Zwecke jeder Indianer in einer zierlich ge- 
flochtenen Tasche eine kleine Büchse mit Farbe und den zugehörigen 
Pinseln bei sich sührt. In derselben Tasche sehlt auch uie der aus langen 
Stacheln elegant zusammengesetzte Kamm, und ein kleines Stückchen 
Spiegel bildet nebst Eisengerät die wertvollste Habe. Schenkt man einem 
Indianer einen noch so kleinen Spiegel, so wird er denselben sofort zer- 
trümmern, um die Bruchstücke an seine Frauen zu verteilen oder an seine 
Bekannten zu vergeben. In den durchbohrten Ohrläppchen tragen Männer 
wie Frauen gewöhnlich ein oder mehrere Rohrstäbchen; die Frauen außer- 
dem uuter der Unterlippe in einer wie ein Nadelstich erscheinenden Öss- 
nnng einen zahnstocherartigen, horizontal hervorstehenden Stift (Tncun), 
wozu mit Vorliebe Nähnadeln benutzt' werden. Hierzu kommen noch 
Hals- uud Armbänder, zum Teil mühsam aus Pflanzensamen, aus 
Muschelstückchen, von welchen jedes einzeln durchbohrt werdeu muß, oder 
aus europäischen Porzellanperlen; auch die Männer verschmähen nicht 
ganz diesen Schmuck. 
Sicher und stolz, im Gesühl seiner Freiheit bewegt sich der Jivaro. 
Schön sind die nackten, ebenmäßig gebildeten Gestalten der Männer; die 
Frauen dagegen siud klein und gedrungen, in der Jugend anmutig, aber 
bei zunehmendem Alter abschreckend häßlich. Die Farbe der wohlgepflegten 
Haut ist bei alleu von einem helleren Rotbraun, als es den Indianern 
des Hochlandes eigen ist. Der Gesichtsausdruck ist meist gutmütig und 
intelligent. Die Frauen werden mit Güte behandelt, auch bei fast alleu
	        
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