Marburg: Die DaYaks auf Borneo. 455 
kam uns das erste Dorf der Dayaks in Sicht. Unsere malaiischen 
Führer zeigten einige Unruhe; deun sie wußten ebenso wie wir, daß die 
Dayaks zwar niemals Europäer, wohl aber bei jeder passenden Gelegen- 
heit die Malaien und Chinesen, die sie als ihre Todfeinde ansehen, 
angriffen und, wenn der Sieg wie fast immer wegen der Übermacht auf 
ihrer Seite war, ihnen dann ohne weiteres die Kopse abschnitten. Als 
unsere Führer und Diener hofften sie aber, daß sie von den Dayaks 
friedlich behandelt werden würden. Ungeschent betraten wir deshalb das 
Dorf und wandten uns zunächst der Behausung des Häuptlings, in der 
Dayaksprache Panglima genannt, zu. Nachdem wir ihm unsere Geschenke 
übergeben hatten, wurden wir auch freundlich willkommen geheißen und 
uns wie den Malaien, welche man von allen Seiten argwöhnisch beobachtete, 
eine Abteilung der ersten Hütte als Wohnung angewiesen. Uns allen, 
auch den Malaien, war der persönliche Schutz des Panglima zugesagt 
worden. Wir trugen kein Begehren, sogleich in unsere enge Wohnung 
einzuziehen, und machten deshalb erst einen Gang durch das Dorf. 
Das gauze Dorf bestand aus drei Hütten, jede etwa fünfzig Meter 
lang, welche vollständig auf Pfählen erbaut siud und zwar so hoch, daß 
ein mittelgroßer Elefant bequem darunter hinweggehen könnte. Die Form 
der Hütten ist rund, mit einem aus Palmblättern bestehenden, spitz 
zulaufenden Dache; statt der Thüren sind leichte, gepflochtene Matten 
aufgehängt. Das Gebäude hat etwa das Aussehen eines Leinwaudeirkus 
auf unseren Jahrmärkten. Die ganze Hütte, in der eine Unmenge 
Menschen wohnen, ist in zwei Hälften geteilt, deren eine den Schlafraum 
und deren andere den gemeinsamen Arbeitsraum bildet; eben hier wohnt 
auch das ganze Geflügel: Hühner, Tauben und Enten, zu welchen auch 
wir ohne Umstände einquartiert wurden. Über übergroße Reinlichkeit 
konnten wir deshalb wenigstens nicht klagen. Als wir in das erste 
Zimmer — wenn wir diese Schmutzhöhle so nennen dürfen — einge- 
treten waren, sahen wir an beiden Wändeu eine lange Reihe alter 
und junger Dayakweiber sitzen, alle mit Mattenflechten beschäftigt. 
Wir sahen ihnen eine Weile mit Interesse zu und wandten uns dann, 
den zweiten Raum zu besichtigen. Vor Schreck traten wir ein paar 
Schritte zurück; deun über der Thür hingen wie eine Guirlaude etwa fünf- 
zig getrocknete Menschenschädel, in deren Augenhöhlen weiße Muscheln 
eingesetzt waren. Jetzt kehrten wir voll Abscheu um und kletterten eilig 
die eingekerbten Baumstämme hiuab, die zum Fußboden führten. 
Was das Äußere der Dayaks anbetrifft, fo sind sie geradezu, 
Männer wie Fraueu, häßlich zu nennen. Der Mund ist groß, die Nase 
platt mit breiten Flügeln, die Lippen blaß und dick, oft durch das fort- 
währende Betelkauen verzerrt. Ihre Haut ist schieferartig und äußerst 
rauh, von hellbrauner Farbe; Augen und Haare sind schwarz. Das
	        
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