Full text: Erläuterungen zu F. Hirts Bilderschatz zur Länder- und Völkerkunde

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1. Palästina. 
sind aus Steinen erbaut, klein, niedrig und mit platten Dächern. Auf 
letzteren suchen die Bewohner in den kühlen Abendstunden Erquickung 
und bringen oft ganze Nächte hier zu. 
3. Vom Ölberg aus ist auch die Grabeskirche auf Golgatha sicht¬ 
bar. Siehe Bild 57 b. Sie besteht aus einem weiten Rundbau von 
24 m im Durchmesser. Über diesem wölbt sich eine hohe Kuppel mit 
einer kleinen, kreisförmigen Öffnung. Sie wird von achtzehn prächtigen 
Pfeilern getragen. Auf letzteren ruhen zwei Stockwerke von Bogen¬ 
hallen, welche Gebetsplätze für die verschiedenen Kirchen enthalten. In 
der Mitte der Halle unter der lichtgebenden Öffnung der Kuppel liegt 
— wie ein Kirchlein im kleinen — die Kapelle des heiligen Grabes. 
Sie ist ganz aus Marmor erbaut, 8 m lang und 4 m breit. Im Innern 
hat sie die Gestalt eines Felsengrabes mit Vorhalle und Grabkammer. 
In dem Vorraum oder der „Engelskapelle" wird der Stein gezeigt, auf 
dem der Engel gesessen haben soll, der die Auferstehung des Herrn 
verkündigte. Aus ihm führt eine enge, niedrige Thür, durch die man 
nur gebückt eintreten kann, zu dem Grabe Christi. In diesem kleinen 
Raum können nur drei Personen Platz finden. 43 goldene und silberne 
Leuchter erhellen das Heiligtum, und in zierlichen Gefässen duften hier stets 
frische Blumen. Still betend und weinend sinken hier die Pilger nieder 
und küssen jeden Stein. Vor allem aber erweisen sie ihre Liebe und 
Verehrung einer Platte von rotgesprenkeltem Marmor, welche das Felsen¬ 
grab deckt. — Die kleine Kuppel r. hinter der heiligen Grabkapelle 
wölbt sich über dem ALlerheiligsten einer griechischen Kirche in dieser 
Rotunde. Sie ist am reichsten mit Gold und Bildwerken, mit Marmor- 
und Edelsteinen geschmückt. — Türkische Wache muss an dieser heiligen 
Stätte Ordnung halten, weil leider die Christen ohne dieselben sich hier 
noch befehden würden. 
Tritt man durch eines der Thore ins Innere der Stadt, so möchte 
man ausrufen: „Wie liegt die Stadt so wüste, die voll Volks war! Sie 
ist wie eine Witwe!" Die Strassen sind meist überwölbt, eng, winkelig, 
düster, schmutzig, und ziehen sich bei dem hügeligen Boden bald auf-, 
bald abwärts. Das Pflaster ist so schlecht, dass die Pferde bei jedem 
Schritt in Gefahr sind zu stürzen. Wagen können sie gar nicht passieren. 
Auf den dumpfigen Gassen treiben sich Scharen von hässlichen Hunden 
herrenlos umher. Sie reissen sich um die Speisereste und balgen sich 
im Unrat. 
Das ist die heilige Stadt, der an Bedeutung und Berühmtheit keine 
Stadt der Erde gleichkommt — ohne alle natürlichen Vorzüge, einsam 
in der Wüste dastehend, auf hartem Felsboden, bedeckt mit Trümmern 
der Verwüstung, leidend unter Mangel und Drangsal. Sie trägt Knechts¬ 
gestalt. Aber das Auge des Glaubens sieht an allen Enden dieser kleinen 
Stadt des Morgenlandes begeisternde Erinnerungen. Es folgt überall den 
Fussstapfen seines Erlösers. 
Zwei Stunden von Jerusalem entfernt, finden wir in Bethlehem die 
älteste christliche Kirche der Erde. Das ist die
	        
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