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D. Afrika.
erst seit Jahrzehnten von mutvollen Reisenden nach und nach erforscht.
Nur die Nordostecke war von alters her bekannt. Hier finden wir den
einzigen Kulturstaat Afrikas, das uralte Ägypten. Sein Strom zeigte
zuerst den Weg in das Innere dieses Erdteils. Der ganze Lauf des Nil
ist auch erst seit etwas mein- als einem Jahrzehnt bekannt. Er ist der
grösste Strom Afrikas und gehört zu den Riesenströmen unseres Erd¬
balls. Auf ihm beruht der Anbau, die Kultur, das Bestehen Ägyptens.
„Ägypten ist der Nil und sein Thal."
1. Nordafrika.
1. Ägypten, a) In drei Bildern werden uns drei verschiedene
Landschaften dieser bedeutsamsten Flussader Afrikas veranschaulicht.
Bild 14 f führt uns an den oberen Nil. Seine Quelle ist ein grosser
See (Victoria Nyansa). Dieser sammelt auf einer Hochebene von etwa
1300 m Höhe die unermesslichen Gewässer der Tropenregen und die
schmelzenden Schneemassen der Berge. Der Abfluss dieses Riesenseees
ergiesst sich zunächst in den tiefer gelegenen Albert-Nyansa. Diese
wildeste Strecke des Oberlaufes mit ihren zahlreichen Katarakten oder
Stromschnellen stellt unser Bild dar: zwischen grossen Felsbänken
hindurch muss sich der Nil seinen Weg abwärts suchen. Durch wildes
Rauschen und Tosen der herabstürzenden Wasser machen sich die
Stromschnellen von fernher bemerkbar. Sie haben lange die Fort¬
schritte der Entdeckungen aufgehalten. Aus dem zweiten See bricht
dann der Nil als eine mächtige, tiefe Stromader hervor, sich von neuem
über Bergwände und Felsriegel hinwälzend. Bei Chartum vereinigen sich
der Weisse und der Blaue Nil. Nun beginnt
der Mittellauf. Bild 14 g zeigt den ruhiger werdenden Teil des¬
selben: ohne jeden Zufluss strömt er in einer einzigen kolossalen Felsen¬
spalte, zwischen hohen Felsengebirgen, ungehemmt dahin. Hier und da
tauchen stille, üppig grünende Wiesen im Strome auf. Bei Kairo tritt
der Nil in sein Delta. Bild 14h: das Flussbild verwandelt sich
in ein Meeresbild. Die beiden begleitenden Bergzüge sind zurück¬
gewichen. Plötzlich spaltet sich der Nil. Die Eingeborenen nennen
diese Gabelung den „Bauch des Flusses". Zuerst sind es zwei Haupt¬
arme. Aber auch diese lösen sich in immer neue Kanäle und seichte
Flüsse auf. Ohne Zahl durchfurchen und befruchten diese „die goldene
Aue der Wüste", so dass die Alten mit Recht Ägypten eine „Flussinsel"
nannten. Das Nildelta liegt 17 m über dem Meer. Sein Land ist schwarze
Schlammerde und macht mehr als die Hälfte des anbaufähigen Landes
von ganz Ägypten aus. Es ist nach der Überschwemmung eine „von
den lieblichsten Blumengerüchen duftende, saftige Aue". Vom ganzen
Nilthal gilt das Wort: „Erst Staubgefild, dann süsses Meer, dann Blumen¬
beet" Yon den Charakterpflanzen Ägyptens zeigt unser Bild die Dattel¬
palme und von den charakteristischen Tieren die Sumpf- und Watvögel.
(Reiher und Marabustörche.)