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Erste Abtheilung. Europa.
die sogenannte Austrägalinstanz, die durch das Obergericht eines nach beson¬
deren Vorschriften zu erwählenden Bundesstaates gebildet wird, deren Wirk¬
samkeit indeß erst eintritt, wenn der von der Bundesversammlung dazu er¬
nannte Ausschuß den Streit nicht beizulegen im Stande war. 2. Seit dem
Jahre 1 8 34 die sogenannte schiedsrichterliche Instanz, welche dergestalt ge¬
bildet wird, daß die Partheien für den besonderen Fall, aus den 34 zum
Voraus von dem engeren Rathe der Bundesversammlung ernannten Spruch¬
männern, ein aus 4 bis 6 Schiedsmännern und einem Obmann bestehendes
Schiedsgericht erwählen, dessen Ausspruch dann die Kraft eines austrägalge-
richtlichen Erkenntnisses haben soll. Für die Vollziehung der Rechtssprüche
besteht in den beiden letzten Fällen die von der Bundesversammlung am 3. Au¬
gust 1820 beschlossene Exekutionsordnung.
12. Zum Schutze wider innere und äußere Feinde stellen die deutschen
Staaten eine Kriegsmacht auf, welche has Bundesheer genannt wird. Von
je 100 Bewohnern stellt jeder Staat 1 Soldaten zu dem Bundesheer. Die
Reservemannschaften betragen 7a0o ^er Bevölkerung und die Ersatzmannschas-
ten nehmen noch 730o der Bevölkerung in Anspruch. Das Heer ist in 10
Armeecorps eingetheilt, von denen 7 unvermischte und 3 zusammengesetzte sind.
Außerdem gehört dazu eine Reserve-Jnfanterie-Diviston. Das Bundesheer
steht unter dem Oberbefehl eines Oberseldherrn, der von der Bundesversamm¬
lung im engern Ausschuß gewählt wird. Die Corpskommandanten werden
von den betreffenden Regierungen, bei den zusammengesetzten Armeecorps nach
der Anciennetät ernannt. Der Oberfeldherr übernimmt das Kommando mit
der Besugniß, den Operationsplan nach eigenem Wissen und Gewissen zu ent¬
werfen und auszuführen, wobei ihm die Befehlshaber der einzelnen Corps den
unbedingten Gehorsam zu leisten haben; denn nur er allein ist dem Bunde
verantwortlich.
13. Bisherige Stärke des Bundesheeres: 455,260 Mann
[303,493 Mann der 10 Armeekorps und der Reserve-Jnfanterie-Diviston und
151,260 Mann Ersatzmannschaften u Reserves. 1 0 Armeecorps: 292,377 Mann.
Davon kommen 216,343 Mann auf Linieninfanterie, 11,388 Mann auf Jä¬
ger, Büchsen- und Scharfschützen, 40.754 M. auf Kavallerie, 20,977 M.
auf Artillerie und Train mit 594 Geschützen, 2915 M. auf Pioniere und
Pontoniere. Die Reserve-Jnfanterie-Diviston: 11,116 M., davon 1459 Jä¬
ger. Ersatzmannschaften und Reserve: 151,767 Mann; nämlich 119,455 M.
Infanterie, 20,364 Kavallerie, 10,510 Mann Artillerie und Train mit
298 Geschützen und 1438 Pionieren und Pontonieren.
14. Die Militärangelegenheiten des Bundes werden von einer beson¬
dern Militärkommission geleitet, die am Sitz des Bundestages, in
Frankfurt a. M., residirt. Nach dem Antrage dieser Kommission sollte das
einfache Kontingent von 1 Procent der Bevölkerung um 1/2 Procent erhöht
werden. Dadurch wäre dasselbe mit Ausschluß der Reserve aus 456,000 M. zu
stehen gekommen; der Bundestag hat aber nur eine Vermehrung von 50,000 M.
beschlossen.
15. Die 5 Bundesfestungen sind: Mainz, Luxemburg, Landau, Ra¬
statt und Ulm. Den Gouverneur von Mainz, ein Prinz von Geblüt, er¬
nennen abwechselnd der Kaiser von Oesterreich und der König von Preußen;
den Gouverneur von Luxemburg ernennt der König von Preußen, den Kom¬
mandanten der Großherzog von Luxemburg; den Gouverneur von Landau der
König von Bayern.