Der Lauf des Rheins.
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eine zerstörende Kraft in die Tiefe führt, wie bei den Alpenflüssen, sondern
du (der Dichter redet die Wiese an)
Schliefsch mit stillem Tritt us di'm christalene Stnbli
barfis nsen, und luegsch mit stillen Lächlen am Himmel.
£), wie bisch so nett, wie hesch so heiteri Aeugli!
Aber wie de gohsch', würsch alliwil größer und schöner.
Wo dei lieblichen Othem weiht, wie färbt si der Rase
grüeuer rechts und links, wie stöhn in chräfrige Triebe
neui Chrüter do, wie schießen in prächt'ge G'stalte
Bluemeu an Bluemeu uf, uu geli sastigi Wide!
Vo di'm Othem gewürzt, stöhn rothi Erdberi-Chöpsli
Millione do, und warten am schattige Thalweg.
Vo di'm Othem g'nährt, stigt rechts an suunige Halde
goldene Lewat uf in Feldere, Riemen an Riem?.
Vo di'm Othem g'chüelt, singt hinter de Hürste verborge
freudig der Hirte-Bueb, und d'Holzaxt tönet im Vuechwald.
So rinnen sie alle segenverbreitend dnrchs Thal, bis sie ihn finden den Rhein
stolz in sine Schritten und schön in sine Gibehrde
und ihm freudig au den Busen salleu. Wer sie kennen will, die Schwarz-
waldquellen, der sehe sich das liebliche Bild der schönen Melusine von
Moritz von Schwind an; und wer sie lieb haben will, die Schwarzwald-
slüsse, der greife zum besten Dichter der Schwarzwaldthäler, zu dem rhein-
ländischen Hausfreund Hebel.
Aber kehren wir zurück aus des Dichters Landen auf die Landkarte.
Noch dem Bodensee gehören die Stockach und die Aache an, die dnrch den
badischen Seekreis zum Ueberliuger uud Zum untern See münden. Dann
finden wir eine Reihe namenloser Bäche, die nur der Ortseingesessene mit
besonderen Bezeichnungen unterscheidet, bis der Aaremündung gegenüber bei
Waldshut die Wutach in den Rhein strömt. Wie Schwarzwald und Alpen,
so stehen sich hier mit charakteristischem Unterschied die beiden Flüsse
gegenüber: neben dem stromgewaltigen Schweizerfluß die bescheidene, aber
in ihrer Bescheidenheit gewerbfleißige Wutach. Auf dem Ostabhauge des
Feldbergs hat sie ihre Quellen, mit ihren rechten Zuflüssen greift sie bis
dicht an die 54 Qnellbäche der Donau herau. In weitem Bogen nach
Osten ausbiegend, geht sie erst von Blumegg in südliche Richtung über,
vorbei bei dem aufblühenden Städtchen Stühlingen, bis wohin schon die
Eisenbahn in das sich verbreiternde Thal eindringt. Enger uud kürzer sind die
Thäler der Alb uud der Wehra, die bei Albbruck in der Grafschaft Hauen-
stein uud bei Brennet unweit Säckingen in den Rhein münden. Das sind
die Thäler, in denen einst Schesfel's Trompeter seine Fanfaren blies und
in denen heut noch jeder Wanderer die herzerfreuende Schönheit der eil-
fertigen, kleinen Flüsse preist. Nun aber kommt sie selbst, des Feldbergs
liebliche Tochter, die Wiese, und vermessen wäre es, nach Hebel sie aufs
Neue preisen zu wollen. Auch die Eisenbahn, die seit des Dichters Tagen
von Basel ab über Lörrach bis nach Schopfheim in ihr Thal hineinsaust,