82 Die Wesergegenden von der Porta bis zum Tieflande.
Darüber ergrimmt, erschlugen die Fleischer den Boten, zerhackten seine Gebeine
und beluden damit den Esel, der gewohnheitsgemäß heimtrabte. Wütend überzog
der Graf die Stadt mit Krieg, ward aber durch einen Hinterhalt geschlagen
und gefangen genommen. Erst gegen ein sonderbares Lösegeld, das man, wie
es schien, des Hohnes wegen verlangt hatte, nämlich gegen drei blaue Wind-
Hunde — man hatte sie blau färben lassen — gegen drei dornenlose Rosen-
stämme — man leitete sie zu dem Zwecke durch Glasröhren — und einen
Scheffel seltener Münzen ward er freigelassen. Den Käfig und Turm, in dem
er acht Jahre geschmachtet, zeigte man noch lange, wir wissen nicht, ob viel-
leicht noch heute.
Die Grafen von Tecklenburg (Tekeneborg) waren im Mittelalter Schirm-
Vögte der Bistümer Münster und Osnabrück. Noch sind die Trümmer ihres
Schlosses aus einer Anhöhe sichtbar, „die nach allen Seiten hin über Münster,
Osnabrück und Bentheim hinausschaueu iiber ein bewaldet hügeliges oder
ebenes, hier und da von Heiden und Sandflächen durchslecktes, von Kiefern-
Hainen verdüstertes Land, an dessen Horizont fernste Gebirge im Ravensbergischen
und der Ruhrgegend mit blau verdämmernden Wellenlinien oder leis wie duf-
tige Wolkengebilde dahinziehen."
Das noch erhaltene Portal, worüber die Wappenschilder der fürstlichen
Geschlechter von Sachsen, Hessen. Barby. Brandenburg und Schwerin prangen,
läßt auf eiuen großen Umfang des Schlosses schließen. „Von diesem Portale
aus sieht man unter sich das Städtchen Tecklenburg wie ein Schwalbennest an
die abschüssige Bergwand, unter den schimmernden Sims der Burg, hingekittet;
weiter hinüber den ziemlich jähen Schasberg, der Kohlenflöze im Innern birgt,
und an seiner westlichen Wurzel das Städtchen Ibbenbüren" und das ehemalige
Kloster, jetzt Eisenhütte Gravenhorst. Rechts vom Schasberg liegt eine lange
Heide, das Halerfeld, wo Heinrich der Löwe den Grafen Simon H. von Tecklen¬
burg mit seinen verbündeten Ghibellinen erschlug. Dort liegen auch mehrere
gewaltige Granitblöcke mit Decksteinen, sogenannte Slopsteine, weil man unter
denselben „durchschlüpfen" kann, oder auch „Schlafsteine" uusrer Vorväter.
Sie sollen dem Volksmunde nach des Nachts glühen, um dem darunter ruhenden
Heidenkönige bei seinem Auferstehen zu leuchten. Man nennt sie auch Hüuensteine,
uud sie mögen wohl dereinst den alten Germanen zu Opferaltären gedient haben.
„Tecklenburg liegt wie auf der Handwurzel des Armes, den des Teuto-
burger Waldes Riesenleib nach dem Meere im Westen ausstreckt, ohne es erreichen
zu können, wie er auch die langen Finger über die Heide legt und reckt. Man
sieht dem gigantischen Zeigefinger von der Südseite des Burghofes bis über
das Dorf Brochterbeck hinaus nach, wo die übereinander geworfenen Felsbrocken
des Königsteins liegen, welchem der alte Blücher einst seinen Namen einhaueu
ließ; im nächsten Vordergrunde vor uns liegt der gewaltige Daumen, eine
Bergwand, den man den Klee nennt; im Räume zwischen ihm und der Tecklen-
bürg grünt ein liebliches Thal mit den Edelhösen Mark und Hülshoff, von
einem Bach durchschlängelt, der sieben Mühlen treibt."
So hätten wir denn die romantische Wanderung durch den Teutoburger
Wald von Marsberg aus bis Osnabrück vollendet und können im folgenden
Kapitel ausführlicher bei den großen historischen Erinnerungen verweilen, die
sich an diesen wichtigen Gebirgszug knüpfen.