Full text: Bilder aus dem westlichen Mitteldeutschland (Bd. 6)

Landgraf Hermann. 331 
ergingen, zog er dorthin und bestimmte auch Konrad von Montferrat ihm zu 
folgen, der sich bisher wegen seiner Feindschaft mit König Veit fern gehalten 
hatte. Er hat dort glänzende Waffenthaten gethan und auch als Anführer, zeit- 
weise sogar des ganzen Heeres, sich hohes Ansehen erworben. Die Nachricht 
von dem Tode des Kaisers im Kalykadnus lähmte die ganze Unternehmung und 
schwächte namentlich die Stellung der Deutschen im Kreuzheer. Die Heeres- 
trümmer, welche Friedrichs gleichnamiger Sohn herzuführte, vermochten das 
nicht abzuwenden. Ist nun Ludwig im Verdruß darüber erkrankt, oder war 
er, wie auch berichtet wird, ernstlich verwundet, kurz, er sehnte sich, wie kranke 
Menschen thun, nach der Heimat, und sollte sie doch nicht wiedersehen. Er starb 
noch im Jahre 1190 auf der See, und nur seine Gebeine wurden heimgebracht 
in die Gruft der Väter zu Reinhardsbrunn. 
Da Ludwig keinen Sohn hinterließ, beanspruchte sein Bruder Hermann, 
welchem Ludwig schon bei seinen Lebzeiten die Pfalzgrafschaft in Sachsen über- 
lassen hatte, die Nachfolge in Thüringen. Kaiser Heinrich VI. aber dachte die 
thüringischen Lehen zum Reiche einzuziehen und würde von diesem Plane 
schwerlich abgestanden sein, wenn er nicht gefürchtet hätte, dadurch Hermanns 
ganzen Anhang in das Lager Heinrichs des Löwen zu treiben, der mit Krieg 
drohte, während der Kaiser selbst ja in Italien dringend nötig war, um das 
Erbe seiner Gemahlin Konstanze, Neapel und Sizilien, in Besitz zu nehmen. 
Übrigens ist Hermann durch dieses Zugeständnis des Kaisers keineswegs zu 
einem treuen Anhänger der hohenstansischen Sache gemacht worden. Er stand 
in der Folgezeit, besonders als nach Heinrichs VI. Tode Philipp von Schwaben 
und der Welse Otto um die Krone rangen, bald auf der einen, bald auf der 
andern Seite und setzte dadurch sein Land, das zwischen den streitenden Macht- 
gebieten in der Mitte lag, bald der welsischen, bald der hohenstansischen Rache 
aus. Leidenschaftlicher Ehrgeiz, der nicht mit Heldengröße verbunden ist, macht 
blind sür sachliche Gesichtspunkte und führt jederzeit zu einem unruhigen 
Egoismus. Das war Landgraf Hermanns Fall; nur auf Förderung seiner 
eignen Macht und Ehre bedacht, stellte er sich stets auf die Seite, von der ihm 
ein augenblicklicher Gewinn winkte; daß er dabei sich mit der Hoffnung schmeichelte, 
wenn beide Gegenkönige sich aufrieben, könne er wohl selbst zur Krone gelangen, 
ist wenigstens sehr wahrscheinlich. Aber soweit war die Zersetzung des Reiches 
damals doch noch nicht gediehen, daß ihm dieser Wunsch hätte erfüllt werden 
können. Nur in einer Hinsicht hat er eine königliche Stellung eingenommen, 
nämlich in der Pflege der damals blühenden Dichtkunst, deren Vertreter er um 
seinen Hof sammelte, nährte, ehrte und anregte. 
Es ist dem menschlichen, zumal dem deutschen Gemüte eigen, wenn die 
Gegenwart, die Wirklichkeit freudlos wird, sich in die ideale Welt zu flüchten. 
Es bedarf des Schönen, des Erfreulichen, wenn es nicht hinsiechen und ver- 
kümmern soll. Das deutsche Leben war damals im Rückgange. Die Kraft des 
Reichs, diese Grundlage des deutschen Hochgefühls, hatte selbst ein Friedrich I. 
nicht wieder herzustellen vermocht. Die Schlacht bei Legnano 1176 hatte den 
Niedergang des Reiches besiegelt. Dann starb der Kaiser im fernen Cilicien, 
und Deutschland trat in den Schatten; Heinrichs VI. Energie richtete sich aus 
fremde Ziele. Endlich starb auch Heinrich VI. (1197) und Deutschland wurde der 
trostlose Schauplatz des Kampfes zweier Gegenkönige, zweier erbitterter Parteien.
	        
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