Full text: Bilder aus dem westlichen Mitteldeutschland (Bd. 6)

412 An der Saale. 
Den Ausgang der Schlacht, die ratlose Flucht, die schmähliche Kapitulation 
von Prenzlan und die viel schmählichere-Ergebnng der Festungen — wer kennt 
das nicht, und wer mag ohne Not davon reden! Und doch, eins zu sagen 
glaube ich dem preußischen Volke schuldig zu sein: soweit es damals im Heere 
enthalten war, hat es auch in dieser Schlacht seine Schuldigkeit gethan. Es ist 
freudig in den Kampf gegangen und hat stand gehalten, solange es möglich 
war; das war freilich nicht lange, denn der Soldat von 1806 hatte ein größeres 
Recht, zu sagen: wir sind schlecht geführt worden, als es jener Grenadier nach 
der Schlacht bei Kollin einem Friedrich gegenüber haben konnte. Hohenlohe 
war wunderbarerweise ziemlich unvorbereitet in die Schlacht geraten, weil er 
gemeint hatte, Napoleon zöge mit dem Hauptheer östlich an seiner Stellung 
vorüber, und Ferdinand von Braunschweig wurde mitten in der Schlacht durch 
den Kopf geschossen, so daß ihm sofort das Augenlicht erlosch und damit das 
einheitliche Oberkommando aufhörte. Napoleon gestattete dem tödlich Verwuu- 
deten nicht, in seiner Heimat, seinem Lande zu sterben. Er ließ das Herzogtum 
besetzen und der todwunde Herzog flüchtete nach Ottensen bei Altona, wo er im 
Grabe Frieden gefunden hat, den sich sein Vaterland erst sieben Jahre nachher 
erkämpfen konnte. 
Im Eifer der Schlacht sind wir an mancher Zierde des Saalthales achtlos 
vorübergegangen. Nicht einmal der Fuchsturm, dieses Wahrzeichen von Jena, 
hat eine Erwähnung gefunden. Er ist der letzte Rest dreier Kirchbergischer 
Schlösser, die, ursprünglich gegen die Sorben errichtet, den Gipfel des Heus- 
berges krönten. Er steht kahl auf kahler Höhe, und der Reisende begnügt sich 
meist, ihn aus der Ferne, wär's auch nur im Vorüberfahren, anzusehen. Das- 
selbe pflegt der Kunitzburg zu geschehen, die, malerisch am Abhänge des Gleiß- 
berges gelegen, dem bösen Apel von Vitzthum nur als Ruine entrissen werden konnte. 
Anders steht es um Dornburg. Da ragen noch jetzt drei Schlösser am 
Bergesrand, und das größte, nördlich gelegene enthält wenigstens noch Teile 
von der alten Kaiserpfalz, die besonders zu den Zeiten der sächsischen Kaiser 
öfters der Schauplatz wichtiger Vorgänge gewesen ist. Otto I. hat hier Hof 
gehalten, Otto II. eiueu Reichstag und die Äbtissin Mathilde von Quedlinburg 
im Namen ihres Neffen Ottos III. einen thüringischen Landtag versammelt. 
Von hier entführte damals Graf Werner die schöne Tochter des Markgrafen 
Eckart, Luitgarde, und entzog sie dadurch den gefährlichen Werbungen Ottos III. 
Aber das liegt alles so weit dahinten. Für die Gegenwart beruht die 
Anziehungskraft Dornbnrgs in der geradezu entzückenden Aussicht, die man von 
dem mittleren Schlosse, dem sogenannten „neuen Schlößchen", in den Saalgrund 
hat, und in den Erinnerungen an Goethe, welche das dritte Schloß enthält. 
Der Rosenflor der großherzoglichen Gärten ist eine dankenswerte Zugabe und 
für die Nachbarschaft wohl auch oft der eigentliche Grund des Besuches. Goethe, 
der Dornburg früher namentlich bei seinen amtlichen Reisen — er hatte die 
Kriegs- und Wegekommission übernommen — kennen und lieben gelernt hatte, 
im Jahre 1828 aber nach dem Tode Karl Augusts sich auf zwei Sommermonate 
hierher zurückzog, hat in einem Briefe aus dieser Zeit an den Obersten von 
Beulwitz Dornburg, seine Lage und seine Aussicht eingehend beschrieben. Auf 
diesen Brief bescheiden wir uns den Leser zu verweisen.
	        
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