Full text: Bilder aus dem westlichen Mitteldeutschland (Bd. 6)

414 An der Saale. 
mundete er jederzeit vortrefflich. Man trank eben Bergluft, landschaftliche und 
Burgromantik mit, und die letztere erschien in der Person des alten Samiel ins 
Studentische übersetzt. 
Pfingsten ist die Rudelsburg der Versammlungsort der Korpsburschen, 
und seit die Eisenbahnen es möglich machen, senden auch ferne Universitäten 
ihre Vertreter dahin. Da geht es denn an ein wildfröhliches Kommersieren, 
wobei in früherer Zeit die Erstürmung der von den älteren Korpsburschen 
verteidigten Burg durch die reichlich begossenen Füchse den lustigsten Akt bildete. 
Wird aber auch das Maß nicht immer gehalten, späterhin verklärt sich die Er- 
innerung, und die „alten Herren" blicken mit heller Freude auf die Tage von 
Rudelsburg zurück. — Im Sommer finden sich jedes Jahr Scharen von Gästen, 
namentlich Turner, Studenten, Schüler, Sängervereine u. s. w., dort ein, die 
alle in froher Stimmung weiterziehen. 
Franz Kuglers mehrerwähntes Lied: „An der Saale hellem Strande" ist 
erweislich auf die Rudelsburg zu beziehen, oder, fofern es von Burgen stolz 
und kühn spricht, auf Rudelsburg und Saaleck, die beiden Schwesterburgen, die 
man mit einem Blicke zu umspannen gewohnt ist. Das Lied stammt aus dem 
Sommer 1826; uud da seit dem Jahre 1325 das Soolbad Kösen durch Hufelands 
Empfehlung in Aufnahme kam, wird man kaum irren, wenn man annimmt, 
daß die „Gestalten zart und mild" mit den holden Augen und dem lachenden 
Munde, die dem wandernden Studenten Kugler hinauf und wieder hinab 
winkten, der Kösener Badegesellschaft angehörten. So hat das Lied ein gewisses 
lokalgeschichtliches Interesse, und man begreift es, warum bei dem Liede an 
Rudelsburg und Kösen, bei Rudelsburg und Kösen an das Lied gedacht wird. 
Es ist das eine auf Wirklichkeit und zugleich auf Schönheit beruhende Ge- 
dankenverbindung. 
Weniger anmutend ist die Verbindung, welche bei dem anwohnenden 
Thüringer und selbst in weiteren Kreisen die Burg Saaleck mit dem Liede ein- 
gegangen ist. Die beiden, jeder für sich stehenden Türme lassen die mangelnde 
Verbindung in erster Linie ins Gefühl fallen, und man hört wohl von einer 
Zahnlücke sprechen, wenn man vorüberfährt. Der Thüringer aber denkt dabei 
an das Malheur auf der Kegelbahn, wenn im Kammspiel die beiden Gassen- 
kegel stehen bleiben, die auch ohne alle Verbindung und niemals mit einer Kugel 
zu treffen sind. Und wen dies Malheur trifft, dem singt die Gegenpartei 
spottend das Lied von den Burgen stolz und kühn und denkt an Burg Saaleck. 
Der Fremde schaut dann verwundert drein und möchte mit Heine dagegen singen: 
„Ich weiß nicht, was soll es bedeuten." 
So ist Burg Saaleck eine Art von Kinderspott geworden, und hat doch auch 
ihre ehrwürdige Geschichte und eine anmutige Aussicht auf die Dörfer Saaleck 
und Stendorf und auf die Saale, die zwischen ihnen durchfließt, auf die Felder 
am Abhang und auf die Wiesen im Grunde. — 
Die nahe Schulpforte erreicht die Saale von Kösen aus erst in einem 
großen Bogen. Schulpforta liegt an einer lauschigen Stelle des Thales, d. h. 
an einem der wenigen schön belaubten Hänge des Ufers. Von dem dunklen 
Grunde dieses Waldhanges, des Pforten- oder Knabenberges, heben sich die 
Gebäude der Pforta deutlich ab und bieten jedem Wanderer an „der Saale hellem 
Strande" ein mit hohem Reiz geschmücktes Landschaftsbild dar.
	        
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