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schwimmen um sie her; nur mit Hülfe vou Leitern kann man sie vom 
Hause aus erreichen. 
So lange das Wasser in den Wohnungen noch leidlich niedrig 
steht, beHelsen sie sich erst auf allerlei Weise. Sie machen für das 
Vieh im Stalle ein Brettergernst, auf das sie die Kühe wie auf eine 
Tribüne hinauftreiben. Zuweilen fahren sie auch wohl mit einem 
großen Boote iu die weite Haustenne hinein, binden dasselbe an die 
Balken und machen daraus, indem sie das Vieh einschiffen, einen 
temporären Stall. Auch für ihr Herdfeuer mitten im Hause errichten 
sie ein Brettergerüst, bedecken dasselbe mit Sand und zünden darauf 
dicht über dem Wasserspiegel die häusliche Flamme an. Zuweilen 
wird auch wohl ein großer, eiserner Braukessel an einer Kette über 
dem das Haus füllenden Wasser aufgehängt und in ihm das Feuer 
angemacht. Sie selber hausieren und schlafen auf dem Bodeu, steigeu 
auf Leitern zn dem Feuerherde und zum Vieh iu der Haushalle, die 
zu einem Wasserkeller geworden ist, hinab. Können sie das Hans 
auf keine Weise mehr halten, so bleibt zuletzt nichts übrig, als auf 
den schwimmenden Acker oder Wald daneben hinauszuziehen. Da 
errichten sie temporäre Hütten und Schuppen, treiben auf rasch kou- 
struierteu Brücken ihr Vieh hinaus uud kampieren daselbst — oft 
wochenlang — bis die Flut wieder fiukt und die Häuser und Stallung 
frei werden. 
Mancher Eigentümer erleidet anch dadurch Verlust, daß Stücke 
seines Gartens oder Ackers durch das Wasser losgerissen und weg- 
geführt werden. Sind diese Stücke nicht allzu groß, so wird der 
Verlust leicht verschmerzt, und man hat sich an diese kleineren, in 
jedem Winter sich wiederholenden Veränderungen gewöhnt. 
Wenn aber im Frühling ein heftiger Westwind sich erhebt, dann 
wird die Unordnung oft eine große. Er fährt zwischen die Bäume 
auf den treibenden Erdschollen, läßt sie auf einander stoßen und 
treibt uicht feiten ein größeres Stück ins Wasser hinaus. Daun hat 
man ein Bild, wie es der alte Plinins in seinem oben erwähnten 
Werke schon beschrieben hat. So wurde vor eiuigeu Jahrzehnten 
ein Stück Land, von der Größe eines halben Morgens, das mit 
einem dichten Gehölze von Tannen, Birken, Erlen und Eichen besetzt 
war, durch den Wind von seiner Stelle getrieben und in einen breiten 
Kanal geführt, uud es drohte dem Eigentümer der Verlust eiues wertvol- 
leu Teiles seines Besitzes. Dieser Verlust wurde allerdings dadurch ver- 
miedeu, daß man mit Hülfe von Schrauben und Stricken unter 
großen Anstrengungen die schwimmende Insel wieder in ihre frühere 
Lage brachte. 
Judeß gelingen solche Versuche nicht immer, und man sieht, 
daß die geschilderten Vorgänge, die mit der Eigentümlichkeit des 
Landes im Zusammenhange stehen, den Einwohnern mancherlei Schaden 
und Störung bringen. 
Wer nun aber meinen sollte, daß die Waakhänser in diesen 
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