Full text: Bilder aus dem westlichen Mitteldeutschland (Bd. 6)

Osnabrück. 81 
dem Großen zeigt man heute noch im Dome einen hohen schweren Stab, eine 
Eisenstange. umgeben von Zuckerrohrringen. Schon früher (786) soll hier eine 
Kirche gestanden haben und schon 803 kommt Wiho als erster Bischof vor. 
Als erster Apostel dieser Gegend (Gau Tregwithe) wird Bernhard genannt; die 
von ihm gestiftete Kapelle „erhob Karl der Große nach seinem Siege an der 
Hase zur Münsterkirche (783), und sein Feldbischof Egilfried von Lüttich weihte 
den ersten Altar des erweiterten Gotteshauses." Mit dem Stifte ward nach- 
mals eine Schule für lateinische und griechische Sprache (Karolinum) verbunden, 
die zwölf Jahrhunderte bestand. In dem Friedenssaale des Rathauses ward mit 
den Gesandten Schwedens und den protestantischen Mächten der „Westfälische 
Friede" geschlossen. Danach konnte der seit Heinrichs des Löwen Sturz mit 
weltlicher Jurisdiktion belehnte fürstbischöfliche Stuhl vom Hause Braunschweig- 
Lüneburg abwechselnd mit einem katholischen Prälaten besetzt werden. „So 
wurde der letzte Herzog von Jork mit der Insul von Osnabrück bekleidet, als 
er sieben Monate alt war. Als im Jahre 1100 die Domkirche samt der Burg 
des Bischofs Wiho abbrannte, bezog dieser die Jbnrg, worin auch seine Nach- 
folger residierten. Johann I. erbaute 1107 die Kathedrale in vorgotischem 
Stile; das Innere ward restauriert, und einige Dezennien später ließ Bischof 
Udo von Steinfurt die beiden ungleichen Türme aufsetzen. Der Domschatz 
birgt wertvolle Kruzifixe, Reliquiarien, einen Elfenbeinkamm und ein Schachspiel, 
angeblich von Karl dem Großen, vermutlich aber aus dem 12. Jahrhundert. 
Sehenswert ist auch ein Taufkeffel aus dem 13. Jahrhundert. 
Von berühmten Männern ist zunächst Rudolf v. Benninkhaus, der 
westfälische Hans Sachs, zu nennen, der hier im 16. Jahrhundert 37 Komödien 
im derben Gefchmacke seiner Zeit schrieb; ferner der Geschichtschreiber Hamel- 
mann, der Abt Jerusalem und der Dichter v. Bar. Zu den Füßen der Tochter 
des letztern saß lauschend ein Student, während sein jüngerer Bruder sich aben- 
teuernd in Tripolis herumtrieb. Der ältere ward der nachmals so berühmte 
Verfasser der „Osnabrückischen Geschichte", Justus Moser, dessen ehernes 
Standbild auf dem großen freien Platze am Dome, der sogenannten Domfrei- 
heit, steht. Sein Bruder ward später, als er den Stein der Weisen in seinen 
alchimistischen Studien nicht gefunden hatte, ein Verzeichner der Chronique 
scandaleuse; — aber seine Akten vermoderten nngelesen. Der Ruhm von 
Justus Möser, dem als „Westfälischer Franklin" gefeierten Patrioten, ist nn- 
vergänglich — aere perennius — dauernder als Erz und Stein. Das von 
dem Bildhauer Drake in Berlin unter Rauchs Leitung modellierte und gegossene 
Denkmal stellt den „großen Menschenfreund" barhäuptig und mit einer Perga- 
mentrolle, mit faltenreichem Mantel wie einen Lehrer dar. Seine milden, 
wohlwollenden Züge sind vortrefflich getroffen. 
v.eljitenöurg. Von einem der alten Mauertürme, dem sogenannten Bock, 
erzählt uns die Chronik eine merkwürdige Geschichte, die uns zu dem benach- 
barten Tecklenburg hinüberführt. Sie lautet kurz folgendermaßen: 
Nach einer langen Fehde mit den Osnabrückern hatte einmal zur Frie- 
denszeit der Graf von Tecklenburg seinen Diener mit einem Esel in die Stadt 
geschickt, um den wöchentlichen Fleischvorrat für seine Burg holen zu lassen; 
aber er hatte vom Gelde einen Abzug gemacht, da er den Preis zu hoch fand. 
Deutsches Land und Volk. VI. 6
	        
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