Alte Ritterburgen an der Zwickauer Mulde. 85
des Stifters Grasen Dedo des Fetten. Auch die Kanzel ist mit wohlerhaltenen
Schnitzwerken verziert; besonders ein edler Christuskopf zeichnet sich hier aus.
Dedo wurde nebst seiner Gemahlin in der Kirche begraben und das Schiff eut-
hält die Grabmäler von beiden. Erstem fand 1190 im Kloster selbst einen
eigentümlichen Tod. Er wollte dem Kaiser Heinrich VI. auf dessen Zug nach
Italien folgen, fürchtete aber, daß ihm bei seiner Beleibtheit das italienische
Klima nachteilig sein könnte, und gab daher dem Vorschlage eines halb Wahn-
sinnigen Klosterarztes Gehör, der sich erbot, ihm das Fett auszuschneiden; natürlich
verlor Dedo beides, Fett und Leben.
Nördlich von Wechselbnrg lagert sich auf der liukeu Seite der Mulde der
lange Rücken des Rochlitzer Berges, der als der letzte Pfeiler der nach dem
Tieflande vorgeschobenen Ausläufer des Erzgebirges bis zu 349 m Meeres¬
höhe aufsteigt. Sein Sockel besteht aus Glimmerschiefer, der Gipfel aber ist
ein über 80 m mächtiger vulkanischer Schuttkegel aus der Dyassormation.
Die porphyrischen Auswürflinge haben sich im Laufe der Zeit infolge der
chemischen Einwirkungen des Wassers zu einem zwar porösen, aber harten Ge-
steine, dem Rochlitzer Porphyrtuff, verfestigt. Derselbe ist rötlich bis violett
und mit Schlackenbröckchen gespickt, die sich durch ihre rotbraune oder bläuliche
Farbe deutlich von der feinkörnigen Grundmasse abheben, und außerdem durch-
ziehen ihn Adern von weißem oder fleischrotem Steinmark und von Hornblende.
Dieser Rochlitzer Porphyrtuff eignet sich besonders zu Bau- und Mühlsteinen,
und daher ist der ganze Berg seit Jahrhunderten von Steinbrüchen durchwühlt;
sie waren auch die Veranlassung, daß im 15. Jahrhundert in Rochlitz eine Stein-
metzhütte entstand, die damals der Haupthütte in Straßburg untergeordnet war.
An vielen Schlössern, Kirchen und Brücken im Muldengebiete erkennt man sofort
an dem rötlichen Schimmer des Gemäuers, daß sie ganz oder doch in ihren
architektonisch am meisten hervortretenden Teilen, wie Pfeilern, Säulen, Fenster-
bögen und dergleichen, aus Rochlitzer Stein errichtet worden sind; selbst noch
an den älteren Bauten Leipzigs nimmt man dies wahr. Zu den Schlössern,
die aus Rochlitzer Porphyr erbaut wurden, gehören Augustusburg, Wolkenburg,
Rochsburg und Kolditz.
Schon von weitem verraten sich die Steinbrüche durch den rötlichen
Schimmer, mit welchem sie aus dem dunkeln Walde hervorleuchten, der den
ganzen Berg bedeckt. Sie sind 17—35 m tief, und nach welcher Seite des
Berges sich auch der Wanderer wenden mag, überall tönt ihm das Hacken
und Hämmern der Steinbrecher entgegen, deren fast immer einige Hundert hier
oben beschäftigt sind. Das Gestein wird nicht durch Pulver von der Felsenmasse
losgelöst, sondern durch Schroten, d. h. man arbeitet mit dem Eisen von oben
hinein und löst dann Platten ab, und zwar gleich in der Größe, in der man
die Steine braucht.
Die höchste Stelle trägt einen porphyrnen Aussichtsturm, der 1859 zum
Andenken an König Friedrich August II. errichtet wurde. Da genießt man eine
herrliche Aussicht. Aus der Landschaft glänzt an mehreren Stellen der Spiegel
der Mnlde herauf, deren Thalwindungen man weithin verfolgen kann. Nach
Süden zu erhebt sich das Erzgebirge mit seinem flachwelligen Rücken bis zum
Kamme, im Osten und Westen verschwimmen Hügel- und Flachland fast unmerklich.