Full text: Bilder aus dem sächsischen Berglande, der Oberlausitz und den Ebenen an der Elbe, Elster und Saale (Bd. 7)

Das sächsische Vogtland. 9 
uns Jahn: „Bei den vielen Blutgreueln und Mordthateu, die verübt worden 
waren, und bei der geringen Anzahl von Einwohnern, die in der Gegend sich 
noch vorfanden, war es nicht möglich gewesen, alle Leichen der Erschlagenen, 
alle Überbleibsel der gefallenen Tiere in die Erde zu verscharren. Hier und 
da sah man Raben, Hunde, Katzen, Füchse und andre Tiere, die sich an den 
halb verwesten Leichnamen der Menschen und Körpern der Tiere zu sättigen 
suchten; und es konnte nicht fehlen, daß durch die Ausdünstungen, womit sie 
die Luft erfüllten, Krankheiten hervorgerufen wurden, die bald schrecklich und 
verheerend um sich griffen; und so geschah es auch wirklich. Die Pest wütete 
zu Ende dieses (1632) und zu Ansang des folgenden Jahres dermaßen in der 
Gegend, daß manche Orte ganz ausgestorben sind, in andern nur noch wenig 
Einwohner blieben, so daß am Ende des Krieges nur noch sieben Achtel der 
Bevölkerung des Vogtlandes übrig waren!" Holk selbst erlag in Adorf (nach 
andern Angaben in dem Dorfe Troschenreuth an der bayrischen Grenze) der Pest, 
als er im Jahre 1633 im Begriff war, von Eger aus aufs neue in die sächsischen 
Länder einzubrechen und sie zu verwüsten. Aus seinem Sterbebette verlangte 
er, der selbst ein Protestant war, den Trost eines protestantischen Geistlichen; 
aber so viel Geld er auch ausbieteu mochte, so war doch in der ganzen Um- 
gebnng, ja in einer Entfernung-von fünf Stunden keiner aufzufinden. — Neue 
Drangsale brachte die Zeit nach dem 1635 abgeschlossenen Prager Frieden. 
Die Schweden zürnten dem Kurfürsten wegen des Abfalls von ihrem Bündnis, 
und zur Vergeltung plagten sie auch das Vogtland mit all der Wildheit, die 
unter ihnen nach Gustavs Tode eingerissen war. Bis auf uusre Tage ist die 
Erinnerung an das Elend des Dreißigjährigen Krieges im Volke lebendig ge- 
blieben. Redensarten wie: „die schwedische Not kriegen" (Schwedentruuk) oder: 
„Kinner, bet't, die Schweden kumme!" werden häufig angewendet, und an Holks 
gefürchtete Kroaten erinnert der Ölsnitzer Vers: 
„Mutter, thutt die Hühner nei, Hamm se ruthe Mäntel ä (an), 
's kümmt a Herd' Saldaten, Seltne se wie Krawaten." 
Doch sehen wir uns jetzt, nachdem durch die Geschicke des Vogtlaudes unser 
Interesse für dasselbe rege geworden ist, seinen Boden genauer an! 
Gewöhnlich unterscheidet man das obere und das untere Vogtland. 
Jenes, im Süden gelegen, umfaßt die Quellgebiete der Zwickauer Mulde, der 
nach Böhmen zur Eger hinabeilenden Zwota und der Weißen Elster, dieses das 
übrige hierher gehörige Gebiet des letzteren Flusses mit seinen rechten Zuflüssen 
Trieb und Göltzsch, sowie die von der Wiesenthal, einem rechten Nebenflüsse der 
Saale, bewässerten Landschaften. Eine Linie von Auerbach über Falkenstein nach 
der Stelle, wo die Grenzen von Sachsen. Bayern und Böhmen zusammentreffen, 
kann im allgemeinen als die Grenze zwischen beiden Teilen angenommen werden. 
Im allgemeinen ist das ganze Vogtland ein sanft nach Norden geneigtes 
Plateau mit stark welliger Oberfläche; die Höhen dachen sich meist allmählich 
ab und erheben sich nicht bedeutend über ihre Grundlage; eine entschiedene 
Kammbildung fehlt. Daher zeigt es auf den ersten Blick nur wenig vom Ge- 
birgscharakter; dieser kommt dem Wanderer erst zum Bewußtsein, wenn er vor 
den tiefeingeschnittenen Thälern steht. Landschaftliche Schönheit tritt nicht in 
der Weise auf, daß sie sofort den Blick gefangen nehmen und dem Beschauer 
im ersten Augenblicke Ausrufe des Entzückens entlocken müßte; sie ist hier im
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.