288 Die Sächsische Schweiz.
Brüchen bis unmittelbar an das Wasser! Die wichtigsten Steinbrüche sind die
des rechten Ufers, obenan die Postelwitzer, dann die Rathener. Wehlener und
Poster, letztere Pirna am nächsten gelegen. In andern Gegenden können Sand-
steinbrüche nur dann rentieren, wenn sich ihr Material durch Eigenschaften aus-
zeichnet, durch welche es sich für gewisse Zwecke ganz besonders eignet; ja dann
sind sie in einer noch günstigeren Lage als jene, denn für ihre Steine kann
nicht so leicht ein Ersatz gesunden werden. Das gilt zunächst von den Liebe-
thaler Brüchen, die einen festen hellgrauen Sandstein von ziemlich grobem Korn
liefern, der desto mehr Härte besitzt, je tiefer er gebrochen wird, und sich be-
sonders zu Mühlsteinen eignet. Die Massen, bei denen dies nicht der Fall ist,
verarbeitet man zu Trögen, Tafeln, Schleifsteinen, Fenster- und Thürgewänden.
Den besten Sandstein liesern jedoch die Brüche im Gottleubathale südlich von
Pirna, bei Rottwerndorf, Cotta und zwischen Neundorf und Berggießhübel.
Dieser „Cottaer" Sandstein zeichnet sich durch feines, gleichmäßiges Korn und
große Festigkeit aus uud wird daher zu Bildhauer- und Steinmetzarbeiten am
meisten gesucht. ^
Die Arbeit des Sandsteinbrechers ist eben so beschwerlich und gefährlich, erf$-
die des Bergmanns. Man arbeitet zuerst eine ganze Wand ab. Das ist die
schlimmste Arbeit. Die Wand muß zu diesem Zwecke „hohl gemacht" werden.
Mau unterhöhlt die Wand, die man für abbauwürdig erkannt hat, von vorn,
bis sie sich durch ihre Schwere loslöst, das Übergewicht bekommt und herab-
stürzt. Um Zeit und Arbeitslohn zu sparen, wird die Höhlung meistens so
niedrig gemacht, daß der Arbeiter nur liegend arbeiten kann, indem er mit der
linken Schulter auf einem Strohkissen ruht. Es dauert oft zwei bis drei Jahre,
ehe eine Wand soweit unterminiert ist, daß sie zusammenstürzt. Wenn sie sich
zu senken beginnt, was man an dem Ächzen untergestellter hölzerner Pfosten
merkt, dann fängt die Zeit der Gefahr für die darunter arbeitenden Steinbrecher
an. Man schiebt daher Thonpfeifen oder Schlackenstäbe unter, um die weitere
Bewegung zu beobachten. Knirschen oder zerbrechen diese, so ist das für die
Arbeiter das Zeichen zu eiliger Flucht; sobald sich aber die Wand wieder fest-
gesetzt hat, kehren sie zu ihrer Arbeit zurück. Später treibt man auf der Höhe
mächtige Holzkeile in die Spalten, hackt einen Teil der Stützen dünn und richtet
die übrigen zur Sprengung mit Pulver vor. Ist der günstige Augenblick ge-
kommen, so entzündet man dies, und mit furchtbarem Donnern, Krachen und
Poltern stürzt die Wand zusammen.
Am liebsten ist es dem Bruchbesitzer und den Arbeitern, wenn sich die
Wand gut auf die Oberfläche des Schutthaufens legt, der sich vor dem Stein-
bruche ausdehnt; aber nicht immer geschieht dies. Die Leute sind schon zufrieden,
wenn nur einzelne Blöcke in grotesken Sprüngen über den Abhang hinab zum
Ufer der Elbe, wohl auch in den Strom hineinjagen. Es ist aber auch vor-
gekommen, daß die ganze, in Stücke zerbrochene Wand über den Abhang fiel
und sich in die Elbe legte. Zwischen Wehlen und Rathen geschah dies 182!»
einmal mit solcher Gewalt, daß ein vorübersegelnder Kahn von den Wogen auf
das entgegengesetzte Ufer geschlendert ward. In derselben Gegend stürzte vor
einer Reihe von Jahren wieder eine Wand in den Strom, nachdem kaum Minuten-
lang vorher ein Personendampfschiff die Stelle passiert hatte. Sie bildete einen
Damm quer durch die Elbe, der mehrere Tage die Schiffahrt unterbrach und