290 Die Sächsische Schweiz.
nannte. Doch trug er in jener Zeit ebensowenig eine Steinburg als der Lilien-
stein, sondern war nur eine Befestigung; zur Abwehr von Feinden genügten
schon Verhaue, welche die Zugänge versperrten, aufgetürmte Steinhaufen, Balken
und dergleichen. Erst später wurde der Königstein stärker befestigt, besonders
durch Kurfürst August. Im Anfange des 16. Jahrhunderts war auf dem Felsen
sogar ein Kloster, welches Georg der Bärtige einrichten ließ; aber schon nach
neun Jahren entflohen die Mönche bis auf zwei, weil sie sich zu Luthers Lehre
hingezogen fühlten, und das Kloster mußte geschlossen werden.
Für eine stärkere Befestigung haben besonders die Kurfürsten August,
Christian I., Johann Georg I. und deren Nachfolger gesorgt. Eine Hauptsache
war dabei die gesicherte Versorgung mit Wasser im Falle einer längeren Be-
lagerung; aber gerade diese war bei der isolierten Lage des Felsens und der
Durchlässigkeit der Sandsteinschichten sehr schwierig. Es wurde daher ein weiter,
187 m tiefer Brunnen angelegt, der immer einen Wasserstand von 17 in hat;
aber er kann nicht, wie man häusig glaubt, sein Wasser der Nähe der Elbe ver-
danken, denn seine Sohle liegt gegen 60 in über dem Spiegel der Elbe. Höchst
wahrscheinlich beruht das Vorhandensein des Wassers auf Pläner- oder Thon-
schichten, die in der Tiefe zwischen den Sandsteinschichten lagern. Um den
Fremden einen Begriff von der Tiefe des Brunnens zu gebeu, wird Wasser
hiuabgegossen, dessen Ausschlagen erst nach ungefähr 20 Sekunden hörbar ist.
Aus der Zeit der erwähnten Fürsten stammen auch die wichtigsten Gebäude,
uämlich die Georgenburg, Magdalenenbnrg (später das Provianthaus) und die
Friedrichsburg, ehemals Christiansburg genannt. Für die Garnison ist eine
Kirche vorhanden. Im Provianthaus befand sich sonst das berühmte König-
steiner Faß, welches 3709 Eimer hielt, 609 mehr als das Heidelberger. Weil
es baufällig geworden war, wurde es 1818 zerschlagen, nur einige Reste sind
in der Friedrichsburg noch vorhanden. Bei letzterer, welche nach der Elbe zu
steht, befindet sich ein schmaler Felseuvorspruug, das Pagenbett, unmittelbar
am Abgrund. Es hat den Namen nach einem Pagen des Kurfürsten Johann
Georg II., Namens Heinrich von Grünau. Bei einem Gelage, das am 12. August
1675 abgehalten wurde, hatte er dem Weine stark zugesprochen. Nach Be-
endigung des Festes kroch er im Rausche durch eine Schießscharte bei der Friedrichs-
bürg, legte sich auf den Vorsprung und schlief ruhig ein. Man war nicht wenig
erschrocken, als man ihn dann in fo gefährlicher Lage fand. Ein starker Offiziers-
bnrsche hielt den Schläfer vom Fenster aus am Rockzipfel fest, bis man ihn
mit Seilen so fest angebunden hatte, daß er beim Erwachen nicht hinabstürzen
konnte. Uuterdes war der Kurfürst mit dem übrigen Hofe herbeigekommen; und
als er seinen Pagen in Sicherheit sah, faßte er die Sache von der lustigen Seite
auf, ließ die Musiker kommen und den schnell Ernüchterten unter Musikbegleitung
und dem Gelächter aller Umstehenden zum Fenster hereinbefördern. Es war
das derselbe Grünau, mit dem später sein scheu gewordenes Pferd über das
Geländer der Elbbrücke zu Dresden setzte, welches zweite Abenteuer ihm eben-
sowenig schadete als das erste. — Alles erinnert uns auf dem Königstein daran,
daß wir uns in einer Festung befinden. Soldaten empfangen uns, ehe wir über
die Zugbrücke und durch den dunklen gewölbten Gang mit seinem Stampfwerk
in den eigentlichen Festungsraum gelangen, und begleiten uns auf das Plateau, das
eine halbe Stuude im Umfange hat und außer den Gebäuden und Festungswerken