Das Thal der Weißen Elster. 31
bis 1836 sind 15 393 Perlen gesunden worden, also durchschnittlich 131 im
Jahre; 1804—1825 kamen zwar nur 116 auf ein Jahr, 1826 — 1836 aber
140. 1866—1876 betrug die Ausbeute 1958 Perlen oder 178 im Jahres-
durchschnitt. Die Zahlen für die folgenden Jahre sind: 1877: 96; 1878: 112;
1879: 155; 1880: 127. Faßt man die Jahre 1866—1880 zusammen, so
entfallen auf ein Jahr 163 Perlen. Die Schwankungen in den einzelnen Jahren
erklären sich hauptsächlich durch ungünstige Witterung und hohen Wasserstand.
Die gefundenen Perlen werden an das Forstrentamt Auerbach und durch
dieses an das Naturalienkabinett zu Dresden abgeliefert oder in den Handel
gebracht. Um die Perlenbildung möglichst wenig zu beeinträchtigen, ist das
ganze perlenführende Gebiet in zehn Strecken geteilt, von denen jede nur alle
zehn Jahre einmal begangen, wird; denn Geduld ist vor allen Dingen erforderlich,
wenn die Perlenfischerei nur einigermaßen ertragsfähig bleiben soll. Ist doch
das Wachstum der edlen Perlen ein außerordentlich langsames! Perlen von
der Größe eines Stecknadelkopfes brauchen zwölf Jahre, ehe sie die einer kleinen
Erbse erreichen; und solche von der gewöhnlichen Größe, wie sie die Flußperl-
muscheln zu liefern vermögen, brauchen gegen 20 Jahre, um diese zu erreichen.
Die Muscheln können aber ein viel höheres Alter erreichen: als mittleres gelten
50—60 Jahre, und es gibt auch Beweise, daß einzelne 70—80 Jahre alt ge¬
worden sind. Jedoch die Angaben über ein noch höheres Alter, selbst bis zu
200 Jahren, sind nur mit Vorsicht aufzunehmen.
Wenn nun auch die Perlenfischerei an und für sich die Aufmerksamkeit
des Vaterlandsfreundes nur als eine alte und fast vergessene Merkwürdigkeit
erregt, so ist sie doch in neuerer Zeit mittelbar eine Segensqnelle für das Vogt-
land geworden, die Hunderten von Menschen Arbeit und Verdienst verschafft hat,
indem sie die Veranlassung zur Einführung der Perlmntterwarenfabrikation
gegeben hat. Der Sitz derselben ist Adorf. Im Jahre 1852 ermunterte ein
jener Familie Schmerler angehöriger Perlenfischer zur Fabrikation von Schmuck-
sachen ans den Schalen der Perlmuscheln. Diese Anregung fiel bei einem unter-
nehmenden Buchbinder, Namens F. A. Schmidt, in der erwähnten Stadt auf
einen guten Boden, und er schuf einen neuen Industriezweig, der gleich im
Entstehen durch die Aufmerksamkeit, die ihm die sächsische Königsfamilie zu-
wandte, kräftig gefördert wurde und sich in kurzer Zeit so lebhaft entwickelte,
daß nicht bloß die Schmidtfche Fabrik bald zu großer Blüte gelangte, sondern
auch noch eine Anzahl andrer gleichartiger Unternehmungen ins Leben trat.
An 1000 Arbeiter beschäftigt jetzt diese Industrie, und ihre Bedeutung ist um
so höher anzuschlagen, als sie zu einem guten Teile Hausindustrie ist, also nicht
Massen von Arbeitern einzig und allein in wenige Fabrikgebäude einschließt.
Ehe sie verarbeitet werden können, müssen die rohen Schalen, die bei der
Elstermuschel außen schwarz oder dunkelbraun, innen silberglänzend aussehen,
mit Salzsäure gebeizt, auf einem Schleifsteine glatt geschliffen und endlich auch
noch mittels Bimsstein und Filz poliert werden. Dann erst sind sie zur Ver-
Wendung für allerhand Gegenstände geschickt. Am nächsten lag die Verwandlung
der Muschel in ein Portemonnaie, und Geldtäschchen werden denn auch in
großer Anzahl verfertigt. Das größte Geschäft lieferte deren 1878 nicht weniger
als 800 Gros. Anfangs waren es vorwiegend gewöhnliche Portemonnaies;
als aber deren Absatz nachgelassen, ging man 1879 zur Fabrikation besserer