52 Der Kamm des Gebirges und das Hügelland der Elster und SWulde.
Nachdem die Erträge in neuerer Zeit sehr zurückgegangen waren, verkaufte
der Staat den Kupferhammer, und jetzt wird hier Messing fabriziert und zu
allerhand Maschinenteilen verarbeitet; auch Kupfer- uud Messingdrahtzieherei
ist damit verbunden.
Von Grünthal an erweitert sich das Flöhathal zu einem nach Nordwesten
ausgedehnten Kessel, welcher bis nach Nenkersdorf reicht. Wo er sich in der
Mitte verengt, liegt Ol beruh au, der Kern desselben, an welchen sich eine Reihe
andrer Ortschaften anschließt. Ihre freundlichen Häuser liegen zerstreut am
innern Rande des Kessels oder auf diesem Rande, und über ihnen ziehen sich
die Feldsluren hinauf zu den Fichten- und den noch ausgedehnteren Buchen-
Wäldern. Dazu ist der Boden durch mehrere auf beiden Seiten einmündende
Thäler äußerst bewegt und verschiedenartig gestaltet, das Klima verhältnismäßig
mild. Alles das macht Olbernhau und den ganzen Thalkessel zu einem überaus
lieblichen Bilde, wie es im Erzgebirge kaum ein zweites gibt.
Das düstere Gegenstück zu dieser Idylle, das Thal der Schwarzeu Pockau,
die von links der Flöha zufließt, ist nur wenig nach Westen entfernt. Wir be-
finden uns hier in der wildesten Gegend des ganzen Erzgebirges. Das Pockau-
thal erstreckt sich von Süden nach Norden und ist mit seinen vielen Windungen
tief in das Plateau eingeschnitten. Die steilen, hohen Thalwände sind mit
dunklem Nadelwald bedeckt, aus dem eine Anzahl von zerklüfteten, seltsam ge-
formten Felsen aufragt, und unten verfolgt die Pockau rauschend ihren Weg.
Kein Wunder, daß der obere Teil des Thüles vom Volke mit schauerlichen Namen
bezeichnet wird, z. B. schwarzer Grund, Finstergrund, Schaumgrund u. s. w.
Den Glanzpunkt erreichen die Felsen im Katzenstein, einem hohen, jäh aufsteigenden
Felsen, auf dessen Plateau man den schönsten Anblick der großartigen Thal-
Partien hat. Besonders fällt die „Ringmauer" auf, eine hohe Felsenwand, die
von rötlicher Farbe ist und mitten im düsteren Waldesgrün einen heiteren Zug
in die malerische Landschaft bringt. Auf der andern Seite der Pockau erblicken
wir den Rabenberg, wo nach der Meinung des Volkes ein berüchtigtes Raubschloß
gestanden hat. Auf dem Plateau des Katzeusteius befindet sich eine tischähnliche
Felsplatte, wo Sachsens Fürsten bei ihren Jagden häufig das Frühstück ein-
zunehmen pflegten. Nördlich vom Katzensteine liegen die stattlichen Ruinen der
alten Burg Lauter st ein (Niederlauterstein), deren fast 3 m starke Turmmauern
für die Ewigkeit gebaut zu sein scheinen. Außer den beiden Türmen sind noch
ausgedehnte Grundmauern sichtbar, sowie mehrere Meter hohe Einsassuugs-
mauern ehemaliger Gebäude. Die Burg wurde im Dreißigjährigen Kriege zerstört.
Südlich davon uud von Zöblitz westlich steht auf dem rechten User ein Felsen,
der auch den Namen Lauterstein führt. Hier stand ein zweites Schloß, Ober-
lauterstein, das von den Hussiten belagert, erobert und eingeäschert wurde.
Von seinen Ruinen ist nichts mehr zu sehen. Die Ursache davon ist die Durch-
suchung und Durchwühlung derselben im vorigen Jahrhundert, die man dort
angeblich anstellte, weil nach der Sage in den Kellern und Felsklüsten ungeheure
Schätze verborgen sein sollten. — Bei dem Dorfe Pockau vereinigt sich das
Flüßchen mit der Flöha, welche von hier an fast unuuterbrochen in einem engen
Thale mit steilen Wänden dahineilt, bis sie wieder in einen Kessel eintritt, wo
sie bei dem gleichnamigen Orte sich in die Zschopau ergießt und von der Dresden-
Chemnitzer Eisenbahn überbrückt wird. —