Der Thiergarten. 171
und drang nun immer weiter vor. so gelangte man hinter der Hosjäger-
allee in eine Gegend, wo an wilden Gräben und auf stets feuchtem Boden eine
eigenthümliche Flora des Thiergartens zu finden war, welche einsame Botaniker
sammelten; andere suchten die versteckten Buchen und majestätischen Eichen in
ihrer Verborgenheit auf, zu denen das kleine, unweit des Landwehrgrabens
mitten in den Bäumen gelegene Kornfeld einen artigen Gegensatz bildete.
Thiergarten, Landschaft an der Löwenbrücke. Zeichnung von Alb. Richter.
Jenseit der Fasanenbrücke war ein ganzer Fleck wilden Baumwuchses, wo
auch der eigenthümliche Geruch des märkischen Kienwaldcs mit seinen Leiden
uud seinen Freuden zu schmecken war, und hinter Bellevue, wo eine Barriere
dem Poetensteige jedes Fuhrwerk fern hielt, und da, wo jetzt das Gräfe'sche
Etablissement liegt, die ganze Gegend noch durchaus den Charakter des Ur-
sprünglichen an sich trug, sah man in völliger Abgeschiedenheit die wilde Ente
über Sumpf und Wiese hinziehen und hörte iu früher Morgenstuude den
Kiebitz schreien." —
Preußens Könige haben über den Thiergarten sehr verschieden gedacht.
Während der praktische Friedrich Wilhelm I. für den Wald, weil er nichts ein-
brachte, auch nichts that, wendete Friedrich II. ihm große Sorgfalt zu. Dem
sentimentalen Geschmack der Zeit entsprechend, ward ein Irrgarten und Poeten-
oderPhilosophensteige angelegt, diesich in der Waldeinsamkeit verloren nndzuweilen
durch rnnde Plätzchen, „Salons" genannt, mit Bildsäulen und Ruheplätzchen