Vorwort.
Es bestand früher die Verordnung, daß in den Schulen der
Geschichtsunterricht mit dem Jahre 1815 abbrach, und in der
That ließ sich Manches für diese Vorschrift sagen. Auch pflegten
die Historiker bei jenem Jahre Halt zu machen, weil der vor¬
liegende Stoff noch nicht ausreichend konnte kritisch gesichtet werden.
Nur wenige von ihnen folgten dem Verlaufe der Begebenheiten
bis zur Gegenwart.
Seit aber Deutschland ein einheitlicher Kaiserstaat mit con-
stitutioneller Verfassung geworden ist, drängt sich das unabweis¬
bare Bedürfniß auf, das Werden und Entstehen desselben, ge¬
wissermaßen die gereifte Frucht der sogenannten Befreiungskriege,
kennen zu lernen, ja dieses Wissen zum Inhalt der allgemeinen
Volksbildung zu erheben. Denn wenn der deutsche Bürger zur
Wahlurne schreitet und sich für diese oder jene Partei entscheiden
soll, so muß er doch wissen, wie das neue Reich unter Drangsalen
aller Art entstanden und uns als kostbares Kleinod übergeben
ist; er muß wissen, welches die Feinde Deutschlands sind, und
welche Mittel sie gebrauchen. Dies lehrt ihn die Geschichte der
neuesten Zeit. Sie giebt uns ein Bild, wohin es die Schwarzen
und die Rothen mit den Völkern gebracht haben, wie sie trotz
aller schön klingenden Verheißungen von Freiheit doch nur furcht¬
bare Geistesknechtschaft oder Massenherrschaft erstreben, durch
welche alle Errungenschaften unserer Kultur in Frage gestellt
werden.
Nun giebt es zwar tüchtige Geschichtswerke für die neueste
Zeit, aber einestheils sind diese zu dickleibig, bändereich und daher
zu theuer, anderntheils fehlt in ihnen die kurze faßliche Uebersicht