Full text: Bilder aus der Mark Brandenburg, vornehmlich der Reichshauptstadt (Bd. 9)

Tiberius 14—37 n. Chr. 
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Arminius zwei Schlachten, die er als zwei Siege bezeichnen durfte1). 
Tiberius aber rief ihn zurück, da er den Kampf in Deutschland 
als unnütz erkannte. Auch beargwöhnte er den Liebling der Le¬ 
gionen und des Volkes, dem jene bereits das Kaiserthum ange¬ 
tragen. Nach dem Orient mit umfassendem Oberbefehl gesandt, 
endete hier Germaniens, 19 n. Chr., wie man allgemein glaubte, an 
Gift, das ihm Gnaeus Piso, der Statthalter Syriens, beigebracht2). 
— Tiberius machte die Herrschaft unumschränkter, als sie Augustus 
gehabt, er nahm den Comitien die gesetzgebende Gewalt wie das 
Wahlrecht und übertrug beides dem Senat, der seinerseits mit be¬ 
reiter Knechtschaft3) dem Willen des Kaisers sich fügte. Um seine 
Stellung noch zu erhöhen, wurden die alten Hochverrathsgesetze 
zum Schutz des Staates auf seine Person bezogen; und das scham¬ 
lose Gewerbe der Angeber4) wuchs ohne Grenzen in Rom. — 
Gleichwohl hat Tiberius eine Reihe vortrefflicher Edicte erlassen; 
er hielt die Heere in Disciplin, die Finanzen in Ordnung und die 
Provinzen erfreuten sich einer guten Verwaltung und strengen 
Rechtsschutzes5). Auch war in Rom selbst seine Regierung die 
ersten sieben Jahre hindurch gut; erst als er seinem Praefectus 
praetorio Lucius Aelius Seianus6) mehr und mehr die Gewalt 
überliess und sich schliesslich, müde und mistrauisch, ganz auf die 
Insel Capreae (Capri) zurückzog, wuchs in Rom Schrecken und 
Tyrannei. Seianus rieth dem Caesar, die prätorianischen Cohorten 
in ein einziges festes Lager bei Rom zusammenzuziehen: eine ge¬ 
fährliche Massregel, weil sie dadurch später die Herren Roms und 
selbst der Kaiser wurden; dann räumte er durch Gift Tiberius 
Sohn, Drustis, aus dem Wege und verfolgte die Agrippina und 
ihre und des Germaniens älteste Söhne7). Endlich erkannte Ti¬ 
berius, wie Seianus offenbar zur Herrschaft strebe, ja fast schon 
Herrscher sei, und bereitete seinen Sturz; Seianus suchte durch 
eine Verschwörung ihm zuvorzukommen, Tiberius aber liess ihn 
durch Macro, den er zum Präfecten ernannt, im Senat gefangen 
nehmen und im Gefängniss todten8), 31 n. Chr. Macro hatte jetzt 
zum Theil Seians Gewalt: gegen die Anhänger und Mitver¬ 
schworenen desselben wütheten die Hochverrathsprocesse, Agrippi¬ 
na und ihre beiden ältesten Söhne wurden ermordet9). Tiberius 
blieb voll Menschenhass und Menschenverachtung aller Zerrissen- 
>) Tac. Ann.I, 50—51. 55—71 (im J. 15 n. Chr.). 11,5-26. Schlacht bei 
Idisiaviso 16 n. Chr. — D. Müller, Gesch. d. d. V. § 12. 2) Tac. Ann. II, 43. 
55—61.69—72. DioLYII, 18. 3) 0 homines ad servitutem paratos! Tac. 
Ann. III, 65. „Ruere in servitium“. Tac. Ann. I, 7. 4) Delatores und accu- 
satores. Tac. Ann. I, 72. 73. Ein Beispiel: II, 27—32. Suet. Tib. 58. DioLYII, 
23. 5) Tac. IV, 5—6. los. antiq. lud. XVIII, 6, 5. Suet. Tib. 32. Dio LVII, 
17. LVIII, 26. 6) Tac. Ann. IV, 1. Veil. II, 127. Dio LVII, 19. 7) Tac. 
Ann. IV, 12. Dio LVII, 22. 8) Tac. Ann. VI, 1—4. Dio LVIII, 4—19. luv. 
X, 56 ff. 9) Tac. Ann. VI, 29 Tod d. Drusus. VI, 31 der Agrippina. Dio 
LVIII, 22.
	        
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