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betheuerten ihre Unschuld. Sie schwuren: „Bei wem du den
Becher findest, der sei des Todes, wir übrigen wollen deine
Knechte sein." Die Säcke wurden durchsucht, und siehe, in Ben-
jamiu's Sacke findet sich der Becher! Da erschraken die Brüder.
Sie zerrissen ihre Kleider, luden die Säcke wieder auf die Esel
und zogen zur Stadt zurück. Voll Bestürzung erschienen sie
vor Joseph. Dieser sah sie finster an und sprach: „Warum
habt ihr mir das gethan?" Und Juda nahm das Wort und
sprach: „O mein Herr, was sollen wir sagen! Golt hat irgend
e:ne Mlssethat an uns gefunden, darum begegnet uns dieses.
Siehe, wir sind alle deine Knechte!" — „Das sei fern,"
erwiederte Joseph, „nur der, welcher den Becher gestöhlen hat,
ist mein Knecht, ihr anderen möget in Frieden zu eurem Vater
ziehen." Da traten sie vertrauensvoll näher zu Joseph und
stellten ihm vor, rote sehr der alte Mann den Benjamin liebe;
tvie er sterben würde vor Gram, wenn er auch diesen verlöre;
wie die ganze Schulo auf sie zurückfallen würde. „Ach." seuf-
zeten sie, „wie könnten wir hinausziehen zu unserem Vater,
wenn der Knabe nicht bei uns ist! Wie könnten wir den Jammer
mit ansehen, den wir über ihn bringen würden!" — Da konnte
Joseph sich nicht länger halten. „Ich bin Joseph!" rief er;
„lebt mein Vater noch?" und weinte laut auf. Die Brüder
erschraken. Nun fiel es ihnen schwer auf's Herz, was sie einst
an ihm verübt hatten. Er aber redete sie freundlich an und
sprach: „Fürchtet euch nicht, weil ihr mich hierher verkauft
habt. Gott hat mich vor euch her gesandt in dieses Land, um
euch einen Wohnsitz zu bereiten und mit allem Röthigen zu
versehen. EM nun zum Vater und führet ihn her, daß er
und ihr alle hier in diesem Lande bei mir wohnet."
Unterdessen saß der alte Vater zu Hause und wartete mit
Schmerzen auf die Ankunft seiner Söhne. Da kamen sie auf
einmal mit Benjamin an, und ihr erstes Wort war: „Joseph,
dein Sohn, lebt, und herrscht über ganz Aegypten!" Der alte
Mann wußte nicht, wie ihm war, und wollte es nicht glauben.
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