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411. Die Republik Paraguay. 587
411. Die Republik Paraguay.
(Nach G. S. Kerst in Gumprecht's Zeitschrift für allgemeine Erdkunde,
mit Zusätzen vom Herausgeber.)
Paraguay ist in mannichfacher Beziehung eine Perle Südamerika's,
wie Euba die Perle Mittelamerika's, von der Natur begünstigt, wie vielleicht
kein anderer Fleck in ganz Südamerika. Das erkannten auch die Spanier
sehr klüglich, und 100 Jahre früher als die Küste colonisirten sie das tief
im Innern gelegene Paraguay, welches in harmonischer Mischung alle Ele-
mente eines privilegirten Erdstrichs in sich vereinigt: Wald, Ackerbauland,
Weideland, kleine und große Flüsse, metallreiche Berge u. s. w., ein schönes,
gesundes Klima und einen vor allen eingeborenen Racen Südamerika's
hoch ausgezeichneten Jndianerstamm. Deshalb war Paraguay einst der
Zankapfel der Kronen von Spanien und von Portugal, wie in der jüngsten
Zeit (1365—1869) Brasiliens und der Argentinischen Republik. Unter allen
Ländern im Bereich des La Plata und seiner Zugänge ist für den Forscher
keines anziehender, als diese bis zum Tode ihres Dictators, des Dr. Francia
(f 1840), allen Fremden hermetisch verschlossen gewesene Republik, sowohl
wegen ihres Reichthums an natürlichen Producten, wegen ihrer Lage, durch
die sie zum Stapelplatz für einen unermeßlichen Theil des Innern von Süd-
amerika prädestinirt ist, als wegen ihrer geheimnißvollen und originellen
Geschichte.
Die Zahl der Naturproducte ist ungemein groß, doch gilt dies vor-
zugsweise von dem Pflanzenreich, da das Mineralreich im Gegentheil fogar
dürftig ausgestattet ist. Bei der ganz außerordentlichen Holzarmuth der un-
geheuren, im Süden an Paraguay anstoßenden Ebenen, der Pampas der
Banda Oriental, Entre Rios, Corrientes und der Argentinischen Republik,
die ein vollkommenes Seitenstück zu den end- und völlig baumlosen Prai-
rieen am Mississippi und am Missouri sind, würden die Wälder voll der
kolossalsten Bäume in dem östlichen und nördlichen Theile Paraguay's ge-
nügen, Tausende von Dampfschiffen zu bauen, fände sich erst das Bedürfniß
dazu vor. Doch nicht allein die Größe der Bäume und die Ausdehnung
der Wälder, sondern auch die innere Güte, wodurch sich das hiesige Holz vor dem
durch die Vereinigten Staaten Nordamerika's, Brasiliens und Rußlands in
den Handel gebrachten auszeichnet, verleiht den Wäldern ihren besondern
Werth. Wenigstens 60 Hölzer von jeder Art und Farbe und jedem Grade
der Elasticität und Dauerhaftigkeit, die als Bau- und Nutzhölzer und zu den
feinsten Tischlerarbeiten tauglich sind, hat man bereits kennen gelernt. Einige
sind so hart, daß sie eiserne Werkzeuge abnutzen, und überaus dauerhaft,
wie das rothe, unverwüstliche, nur grün zu verarbeitende, zu Balken aber
sehr taugliche des Urundey-pita, oder wie das des Seibo, welches im frischen