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Hunderten hinab in ferne Zonen, um des Erlösers Grab mit Thränen
und Blut zu netzen.
Jetzt gelangen wir an den Donau st rudel bei Grein. So
wie ein Held, wenn er zum Tode geht, seinen schönsten Schmuck an-
legt und dann auch noch mitten im Kampfe sich mild und edel erweist,
so geht die Donau in den düsteren, von schwarzen Waldungen be-
schatteten Schlund nicht ein, ohne noch zuvor in einem höchst roman-
tisch gestalteten Landschaftsgemälde kurz vor dem Strudel Schönes
und Liebliches zusammenzudrängen. Freundlich grüßend, spiegelt der
Strom die Angesichter des hübschen Schlosses Greinsburg und des
Städtchens Grein zurück, bevor er, melancholisch von den Fichten-
Waldungen gefärbt, seine Wellen auf die Folterbank des Strudels wirft.
Dies geschieht denn endlich bei dem Jnselchen Wörth, das wie ein
verfallener Brückenpfeiler mitten im Thorwege des Strudels daliegt.
Von diesem Pfeiler aus ziehen sich zu beiden Seiten noch niedrige
Steintrümmer quer durch den Fluß und schließen sich an die hohen,
eckig hervorspringenden Felsen des Ufers an. Zwischen diese Felsen
hindurch ließ Kaiser Joseph mittelst dreizehnjähriger Arbeit durch Hin-
wegschaffung der die Schiffahrt am meisten hemmenden uud gefähr-
denden Felsen eine Durchfahrt bahnen.
Der Felsen der Insel Wörth ist höchst malerisch; er hat ver¬
schiedene Absätze und am Fuße, ganz auf der Spitze der Insel, liegt
eine alte Warte. Auf der Krone des Felsens prangt neben mehreren
Heiligenbildern ein großes Kreuz. Dicht vor dem Eingange zum
Strudel kommen in der Regel kleine Boote zu den großen Schiffen
herangerudert und bieten den frommen Matrosen Heiligenbilder als
Amulette zum Verkauf. Dem Wörther Felsen gegenüber ragen an-
dere hohe und malerisch gestaltete Riffe tief im Wasser hervor und
tragen auf ihrer festen Stirne die Ruine des alten Schlosses Werfen-
stein empor. Die Felsen von Werfenstein schließen sich an die mäch-
tigen Wände und schroffen Abhänge, von denen sie nur ein kleiner
Teil sind, uud die sich nur in dunkler Enge, etwa auf die Länge
einer halben Stunde, einander gegenüber stehen. Mitten in dieser
Schlucht, die man sich indes immerhin nicht allzuschmal denken darf,
schießt der Strom, mit unaufhaltsamer Gewalt sich fortwälzend,
brausend dahin; schon in weiter Entfernung hört man dieses Getöse
als ein dumpfes Rauschen. Die beim Strudel zusammengepreßten
Gewässer empfangen in der Schlucht eine solche Richtung, daß ihre
Hauptmasse gerade auf einen großen Felsen zuströmt. Sie prallt hier
an und wird zurückgeworfen, zugleich aber auch durch die nachfolgen-
den Gewässer wieder herumgedreht und weiter gestoßen. Auf diese
Weise entsteht dann hinter dem Strudel, in einer Entfernung von
1000 Schritten, der berühmte Wirbel. Über dem Strudel hin schoß
und schnellte unser Schiff, obgleich die Dampfmaschine hier etwas
gedämpft wurde, mit einer ungeheuren Geschwindigkeit. Aber wie