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sich in amphitheatralischem Halbrunde vor dem gern auf ihnen aus-
ruhenden Auge lagern. Seitdem im Herbst 1850 der Prinz von
Preußen (der verstorbene Kaiser Wilhelm I.) den Grundstein und
im August 1851 sein königlicher Bruder bei Entgegennahme der
Huldigung der hohenzollernschen Unterthanen den Schlußstein zum
Gewölbe eines neuen Außenwerks der nunmehr wieder befestigten
königlichen Stammburg gelegt haben, ward an ihrer würdigen und
stattlichen Wiederherstellung fort und fort rüstig gearbeitet. Im strengen
Stil des 14. Jahrhunderts wurde der Prachtbau nach Stüters Plänen
im Jahre 1855 vollendet. Jetzt gewährt die Burg mit ihren Zinnen,
zahlreichen Erkern und Turmspitzen einen malerischen Anblick; sie steht
da als ein herrlicher Schmuck des Reiches der königlichen Hohenzollern,
das sich vom Fels zum Meere mächtig ausdehnt. Der Burggarten
enthält eine Erzstatue Friedrich Wilhelms IV.
55. Der hohe Staufen.
In der Mitte des schwäbischen Landes, fast gleichweit vom Rhein,
vom Lech und dem Bodensee entfernt, erhebt sich der hohe Staufen,
ein kegelförmiger Berg, auf dessen Gipfel einst das Stammhaus der
schwäbischen Herzoge uud Kaiser gestanden hat. Weithin ist
des Berges Haupt sichtbar, und du magst kommen, von welcher Rich-
tnng du willst, so zeigt sich dir sein kahler Scheitel. Er beherrscht
ebenso die Gegend und die niederen Berge, wie die mächtige Regenten-
samilie, die einst hier hansete, die niederen Geschlechter und die Land-
schast umher beherrscht hat. Der baumlose Gipfel des Berges gewährt
eine herrliche Aussicht. Gegen Süden übersieht man die schwäbische
Alp mit ihren begrünten Höhen oder zackigen Felsen; hinter ihr ragen
in bläulicher Ferne, wie Wolken am Horizont, die Schneegebirge
Tirols und der Schweiz hervor. Gegen Westen erblickt man die
schönen Gegenden, die der Neckar durchströmt: das reiche württem-
bergische Unterland, das Schwarzwalder Gebirge, und
in weiter Ferne die Berge Lothringens. In einem schönen Halb-
kreis gelagert, von Nordwest bis Nordost, von der Mündung des
Neckar bis zum Ausflüsse des Lechs begrenzen die limburgischen
und fränkischen Waldungen den Horizont, und verhindern die
weitere Aussicht. Dies sind die äußersten Linien des Kreises, von
dem dieser Berg der Mittelpunkt ist.
Aber innerhalb dieses Kreises, welch' eine bunte Landschaft, welch
schönes Gemälde! Wie abwechselnd Thal und Berg, Wälder, Fluren
und Flüsse! Welche Menge von Höfen, Dörfern und Städten, die
allenthalben, bald mehr bald minder versteckt, mit ihren Türmen und
schimmernden Dächern und Zinnen einen ungemein heiteren Anblick
gewähren. Ganz nahe, dem Anscheine nach nur einen Steinwurf weit,
liegt am nördlichen Fuße des Berges die Stadt Gemünd, ehemals