394 
lag die Welteroberergasse, und inTop-Chana ist die Straße: „Frag 
nicht, geh hinein!" Übrigens führten alle diese Straßen vom Hafen aus 
die Hügel hinan, auf deren Höhe dann die gewölbten Markthallen lagen. 
Hier oben herrschte eine gewisse Reinlichkeit und Ruhe, und das 
Auge konnte behaglich und langsam forschend die großen Gewölbe 
durchmustern, die mit den kostbarsten Stoffen und Geräten angefüllt 
waren. Jede der gewölbten Markthallen bildet ein großes Viereck, 
welches oben mit kleinen Kuppeln versehen ist, was dem Ganzen einen 
eigentümlichen Anblick giebt. Da sind ganze Gänge voll Waffen, 
Shawls, edler Steine, Tücher, sowie Reihen von Gold- und Silber- 
arbeitern, Buchhändlern, Wechslern. Und dennoch ist die ungeheure 
Pracht, welche sonst hier glänzte, sehr geschwunden, so großartig und 
blendend auch noch immer das Schauspiel dem Europäer erscheinen 
muß. In früherer Zeit lagen hier ausgebreitet; damascenische Säbel, 
tatarische Bogen, arabische Lanzen, persische Dolche, Perlen, Diamanten, 
Shawls von Angora, aus Persien und Kaschmir, indische Musseline, 
englische und französische Tücher, deutsche Leinwand und schwedisches 
Eisen, geschnittener Sammet, Beduinenmäntel aus der Berberei; kurz 
alle Herrlichkeit, so die Sonne vom Anfang bis zum Niedergang schaut, 
fanden sich hier zu Kauf und Verkauf ausgestellt. 
Doch wir verlassen die stille Pracht und suchen die belebten Straßen 
wieder auf. Willig folgen wir dem drängenden Strome und weiden 
das Auge an dem farbigen Gewühle der Völker und Trachten, das 
hier in stetem Wechsel auf und nieder wogt. Noch immer begegnet 
man dem vormals allgemein üblichen Turban, doch wird er nur von 
dem gemeinen Volke und den alten Türken getragen. Die große Masse 
der Soldaten, Polizeileute, der jungen Stutzer und Beamten kleidet sich 
in die vom Sultan eingeführte fränkische Kopfbedeckung. Der alte 
Türke schreitet mit langem Barte, weiten Faltenhosen und dem Kaftan 
vorüber. In seiner Hand hängt der Bernsteinperlenkranz. Die 
meisten Türken niederen Standes, denen wir begegnen, tragen bis ans 
Knie reichende Hosen, aus denen die nackten Unterschenkel hervorsehen, 
während der Fuß selbst mit gelben oder roten Schnabelschuhen bedeckt 
ist. Außer einem Jäckchen tragen die meisten noch einen vielfach um 
den Leib gewundenen Gürtel von rotem Tuche. — Ein schwarzer 
Turban nebst weißen oder roten Schuhen verkünden allezeit den christ- 
lichen Unterthan des Großherrn, wie die gelbe Farbe den Anhänger 
des Propheten. Doch noch andere Trachten begegnen uns auf dem 
Völkermarkte Konstantinopels. In dunkler, oft goldgestickter Tuchjacke, 
mit weiten unten zugebundenen Beinkleidern, feinen weißen Strümpfen 
und Hemden, und dem seitwärts herabhängenden, mit bauschiger Quaste 
versehenen fränkischen Fes schreitet der griechische Kaufmann an 
uns vorüber, während der Bulgare an der niederen Pelzkappe, einem 
kurzen Mantel und breitem wollenen Gürtel zu erkennen ist. In den 
Bazars bietet er Hanf und Wollengewebe, sowie mit seltener Meister-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.