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schaft von ihm gefertigte Kupfergeschirre feil. Jene kleinen stämmigen 
Männer mit den grauen Pelzkappen, die sich dort vor den Buden be- 
wegen, um gegen Pelzwerk blanke Waffen einzutauschen, sind Tscher- 
kesseu, meist graubärtige Männer, da die jüngeren zur Verteidigung 
des Herdes daheim bleiben müssen. 
Auch der kräftige, markige, braune Araber in türkischer Tracht 
fehlt nicht, da er in Konstantinopel meist als Nachenführer und Last- 
träger dient, während die reicheren, meist Pferdehändler, im langen, 
engen, rotseidenen Gewände einherstolzieren. Ihnen zunächst steht der 
meist dunkelfarbige Perser, an der spitzig zulaufenden Schafpelzmütze 
und dem weiten flatternden Kaftan kenntlich. Er brachte die kostbarsten 
Erzeugnisse seines Landes, die feinsten Seiden- und Wollenstoffe hier- 
her zu Markte. In diesem Völkergemisch fehlt auch der Jude nicht. 
Er ist bald Handelsmann, bald Dolmetscher, und oft nur an der 
dunkeln fesartigen Kopfbedeckung und dem karrierten Kattunkaftan zu 
erkennen. Neben ihm erscheint, durch scharfgeschnittene Gesichtsbildung 
und vorspringende Adlernase kenntlich, der schlaue betrügerische Ar- 
menier. Er ist geborener Spekulant, mehr als jeder andere. Die 
Reicheren sind die Schatzmeister des Paschas, die Ärmeren suchen ihren 
Erwerb als Arbeiter und Künstler, besonders als Gold- und Silber- 
schmiede. Am grellsten sticht der stolze Albanese hervor. Sein Auge 
ist klein, die Nase scharf geschnitten, der Hals lang, die Brust gewölbt, 
der Körper, wiewohl mager, doch kräftig. Seine Kleidung ist die 
prächtigste. Der bis an die Kniee reichende Rock schimmert von ver- 
goldeten Knöpfen und bunten Stickereien, die aufgeschlitzten Ärmel 
flattern gleich Flügeln hinter den Schultern, dazu das rote Fes und 
der Dolch, dessen Griff mit Silber oder Perlmutter ausgelegt ist. 
Und nun die türkischen Frauen! Diese sind meist in so weite Ge- 
wänder vermummt, daß man nur die dunkeln Augen und die gebogene 
Nase zu erkennen vermag. Gewöhnlich gehen sie zu zweien, fast immer 
von einer schwarzen Sklavin oder männlichen Dienern begleitet. Nur 
die Weiber der niederen Volksklassen gehen allein, alle aber blicken 
mit neidischen Augen auf die Europäerinnen, die sich in ungehinderter 
Freiheit bewegen können. 
Das Leben auf den Straßen Stambnls ist von dem unseren so 
abweichend, daß das Auge oft den sonderbarsten Scenen begegnet. 
Da sitzt in einem Straßenwinkel mit untergeschlagenen Beinen eine 
Schar von Buben, indem sie, den quakenden Fröschen nicht unähnlich, 
wie aus einer Kehle das erste Kapitel des Korans lesen, während ein 
alter'graubärtiger Moslem in ihrer Mitte sein langes Pfeifenrohr auf 
den Köpfen der falschlesenden ABC-Schützen herumtanzen läßt. Gleich 
daneben ist eine Barbierstube, nach der Straßenseite offen, so daß man 
sehen kann, wie den alten Muselmännern das Haupthaar bis auf einen 
Büschel abgeschoren wird. An ihm wird einst der Erzengel die Recht- 
gläubigen nach dem Tode über die schmale Brücke zum Berg der
	        
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