74 Vierter Zeitraum.
vielen Widerwärtigleiten die er während seines langen Le—
bens zu erdulden hatte; auch die Kraftlosigkeit seiner Re—
gierung dürfen wir nicht auf seine Rechnung allein schrei—
ben: die damalige schlechte Verfassung des deutschen Reiches
trägt den größten Theil der Schuld. Indeß die Könige von
Spanien, Frankreich und Portugal es durch Gewalt und
Kluaheit so ziemlich dahin gebracht hatten daß alle ihre
Vasallen, und mochten sie auch noch so große Ländereien
besitzen als Unterthanen ihnen gehorchen mußten war da—
gegen in Deutschlaud das Ansehen des Reichsoberhauptes
fo gesunken, daß es selbst von kleineren Vasallen fast gar
nicht mehr geachtet wurde. Die größeren, die nun Kurfür—
sten, Herzoge Land und Marlgrafen hießen übten in ih—
ren Besitzthümern längst eine unbeschränkte Landeshoheit
aus, und waren dem Kaiser bei weitem über den Kopf ge—
wachsen. Wollte dieser irgend eine Unternehmung zum Be—
sten des Reiches in Vorschlag bringen, so mußte er die
sämmtlichen Herren erst auf einen Reichstag entbieten und
ihre Stimmen vernehmen die oft seinen Wünschen zuwider
lauteten. So sahen die Kaiser sich denn von allen Seiten
so beschränkt, daß ihnen nichts übrig blieb als entweder
außerhalb nach einer festeren Macht zu streben (wie z. B.
die Hohenstaufen nach Italien, Sigismund nach Ungarn
und Böhmen), oder wie Karl WV., ihre Erbstaaten so sehr
wie möglich zu vergrößern
Friedrich III. versuchte beides aber seine Kräfte waren
viel zu schwach, als daß auch nur eins hätte gänzlich ge—
lingen können Seine Erbländer waren Steiermark, Kärn—
then und Krän, die ihm etwa 14,000 Mark eintrugen Und
mit diesen Einkünften, um die ihn heut zu Tage mancher
Jude nicht beneidet sollte er große Heere unterhalten, um
zu erobern oder daheim auch nur die Ruhestörer zu Paa—
ren zu treiben? Die übrigen Landschaften Oesterreichs besaß
sein Bruder, ein schlimmer Nachbar. Der steirische Adel war
so schwierig daß es tausend gute Worte kostete ehe auch
nur einer fuͤr den Landesherrn zu Pferde stieg und brach—
ten befreundete Vasallen ein Häuflein Krieger zusammen, so
hatte der Kaiser kein Geld, es zu beköstigen. Er selbst blieb
ja einmal zu Augsburg die Zehrung schuldig, und die Bür—