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großer Höhe und zerstreuen sich dann. Manche brechen plötzlich in 
der Mitte, als durchschnitte sie eine fremde Gewalt, mit krachendem 
Getöse, als wenn Erde durch Pulver in die Höhe gesprengt wird. 
Oft bewegen sie sich in der Ferne langsam, in stiller Majestät, zu 
den Seiten des Wanderes, als wären sie Geister der Wüste, ihn 
zu geleiten oder zu hüten; plötzlich ergreift sie Blitzesschnelle; kaum 
hat sie das Auge erblickt, so flattern sie in weiter Ferne, wie schmale 
Bänder in der Luft; andere stürzen herbei auf den Reisenden und 
drohen, ihn in einer Sandfluth zu begraben; keine Flucht kann ihn 
retten, wenn die Erscheinung nicht, dem Elemente, welches sie er- 
zeugte, getreu, Laus und Gestalt in dem Augenblicke ändert, wo er 
das Opfer ihrer Macht zu werden scheint. Ist es wohl wunder- 
bar, wenn die Völker jener Gegenden, reicher an Einbildung als 
an Verstand, die Wüste für den Sitz und Tummelplatz mächtiger 
Zauberer und Geister halten? 
10. Das Erdbeben.^ 
Eine Naturerscheinung, groß und furchtbar, den Menschen mit 
Schrecken und Entsetzen erfüllend, ist das Erdbeben. Wie gräßlich, 
wenn der Boden unter den Füßen der Menschen wanket, wenn er 
in jedem Augenblick zerreißen und sich ihm zum Grabe öffnen kann, 
dessen Schrecken er vielleicht noch empfindet, wenn es ihn aufge- 
nommen hat; wenn das schützende Dach seiner Hütte, in der er 
friedlich zu leben hoffte, herabzustürzen und ihn zu zermalmen droht. 
Wohl muß da der Mensch erkennen, wie ohnmächtig er sei gegen 
die Gewalt der Natur, aber auch ties empfinden, wie allein das 
Vertrauen auf den Allmächtigen ihn trösten könne, der diese Ge- 
walten lenkt mit seiner starken Hand, und dessen ewige Weisheit 
auch da waltet, wo sie uns unergründlich und verborgen ist. 
Die Ursache und Veranlassung dieser gewaltigen Naturerscheinung 
vermochte des Menschen Geist zu ergründen, doch nicht ibren 
Zweck zu erforschen; das ist ihm zu hoch, er kann es nicht begreifen. 
Der Glaube aber blickt ruhig empor zum Himmel, auch wenn die 
Erde wanket; er preiset auch da anbetend, tief anbetend Gottes 
Güte und Liebe, wo sie ihm in schreckender Gestalt erscheint. 
Der Grund des Erdbebens ist unterirdisches Feuer. Es ist ja 
eine bekannte Erscheinung, daß manche Stoffe, besonders mit Feuch- 
tigkeit verbunden, von selbst in Hitze gerathen und sich zuletzt ent- 
zünden. Feuchtes Heu, fest zusammengepackt, geräth in Brand. 
Eben so entzünden sich Eisentheile, wenn sie mit Schwefel und wäs- 
serigen Theilen vermischt sind, von selbst. Von diesen ebengenannten 
Stoffen, Eisentheilchen und Schwefel, giebt es unter der Erde 
* Nach Miiller.
	        
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